Perspektiven für diakonisch- gemeindepädagogische Ausbildungs- und Berufsprofile

Tätigkeiten – Kompetenzmodell – Studium, Hrg. EKD-Texte 118, 2014

2.5 Rechtliche und institutionelle Rahmenbedingungen

Diakonisch-gemeindepädagogische Mitarbeitende in den Gliedkirchen und Werken im Bereich der EKD arbeiten in sehr unterschiedlichen rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen. Die im Anhang zu findende tabellarische Übersicht listet die derzeit geltenden gesetzlichen Regelungen in den Gliedkirchen auf.[79] Dabei fanden neben Titel, Datum und Fundstelle des jeweiligen Rechtstextes folgende Bedingungen Berücksichtigung:

  1. Welche Berufsbezeichnung / -en wird / werden verwendet?
  2. Umfasst die berufliche Tätigkeit in der Regel auch die Erteilung von Religionsunterricht?
  3. Wer fungiert üblicherweise als Anstellungsträger, und in welchem Anstellungsverhältnis wird die Tätigkeit ausgeübt?
  4. Wer nimmt die Dienstaufsicht wahr?
  5. Welche Art von Ausbildung bzw. Studium wird üblicherweise vorausgesetzt?

Diese Daten wurden zunächst aus den greifbaren Rechtssammlungen zusammengetragen und sodann von den Verantwortlichen aus den jeweiligen Gliedkirchen ergänzt und aktualisiert. Dafür stand auch eine Spalte „Sonstiges“ zur Verfügung.

Nicht erfasst wurden die in den meisten Rechtstexten zu findenden Angaben zum Grundverständnis des diakonischen bzw. gemeindepädagogischen Dienstes sowie zu den Aufgabengebieten der Mitarbeitenden. Diese Daten lassen sich in einer Tabelle nicht sinnvoll systematisieren.

Generell ist zu sagen, dass der Begriff „Rahmenbedingungen“ in diesem Textabschnitt in einer eingeschränkten Weise verstanden wird, nämlich im Hinblick auf die in Gesetzestexten gegebenen Rahmenbedingungen. Darüber hinausgehende Aspekte konnten hier keine Berücksichtigung finden.

2.5.1 Welche Berufsbezeichnung / -en wird / werden verwendet?

Die am häufigsten in den Gesetzestexten und Verordnungen vorkommenden Berufsbezeichnungen lauten „Diakon / -in“ (in 17 von 20 Gliedkirchen genannt) und „Gemeindepädagoge / -in“ (in acht von 20 Gliedkirchen genannt). Sie werden nicht selten wechselweise für die gleiche Tätigkeit verwendet. So heißen die Mitarbeitenden in der Evangelischen Kirchen in Hessen und Nassau zum Beispiel Gemeindepädagogen / -innen, in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck hingegen Diakone / -innen. Andererseits können beide Berufsbezeichnungen auch in einer Gliedkirche nebeneinander existieren, wie etwa in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, in der Evangelischen Kirche BerlinBrandenburg-schlesische Oberlausitz, in der Evangelischen Kirche im Rheinland oder der Evangelische Kirche von Westfalen. Nicht selten handelt es sich dabei um eine sehr ähnliche Tätigkeit, die Varianz der Berufsbezeichnungen erklärt sich eher aus unterschiedlichen Ausbildungen, zum Teil auch aus der Differenzierung von Berufsund Amtsbezeichnung. Beispielsweise sind in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens viele (aber nicht alle) Gemeindepädagogen / -innen zugleich Diakone / -innen, nämlich dann, wenn sie der Gemeinschaft Moritzburger Diakone und Diakoninnen angehören.

Teilweise wird versucht, dieser begrifflichen Unschärfe dadurch Herr zu werden, dass man beide Berufsbezeichnungen zu einer zusammenfügt und dann – wie etwa in der Bremischen Evangelischen Kirche – von diakonisch-pädagogischen Mitarbeitenden spricht. Oder man spricht von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Verkündigung, Seelsorge und Bildungsarbeit, wie in der Evangelischen Kirche von Westfalen und in der Lippischen Landeskirche. In der Evangelischen Landeskirche in Baden oder der Evangelischen Kirche der Pfalz spricht man von Gemeindediakoninnen und -diakonen. Als weitere Varianten begegnen: Katechet / -in (zum Beispiel in der Evangelischen Landeskirche Anhalts), Religionspädagoge / -in (zum Beispiel in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern), Gemeindehelfer / -in (zum Beispiel in der EKBO[80] oder in der Evangelischen Kirche im Rheinland), Jugendreferent / -in (zum Beispiel als eine unter mehreren möglichen Berufsbezeichnungen in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg)[81] oder auch Sozialdiakon / -in (ebd.).

Aufs Ganze gesehen existieren somit im Bereich der EKD mindestens sechs verschiedene Berufsbezeichnungen, wobei die verschiedenen Varianten mit „Diakon / in“ zu einer zusammengefasst und unspezifische Bezeichnungen wie „Mitarbeiter / in“ nicht mitgezählt wurden: Diakon / -in, Gemeindepädagoge / -in, Gemeindehelfer / -in, Jugendreferent / -in, Katechet / -in, Religionspädagoge / -in.

2.5.2 Umfasst die berufliche Tätigkeit in der Regel auch die Erteilung von Religionsunterricht?

Sofern die Durchsicht der Rechtstexte bzw. die Mitteilungen der Verantwortlichen in den Gliedkirchen eine Auskunft hinsichtlich der genannten Frage ermöglichen, lässt sich (nach derzeitigem Stand) sagen, dass die diakonischgemeindepädagogischen Mitarbeitenden in zwölf Gliedkirchen auch im schulischen Religionsunterricht tätig sind. Teilweise brauchen sie dafür aber noch eine Zusatzqualifikation. In fünf Gliedkirchen ist eine Mitwirkung im Religionsunterricht hingegen generell nicht vorgesehen.

2.5.3 Wer fungiert üblicherweise als Anstellungsträger, und in welchem Anstellungsverhältnis wird die Tätigkeit ausgeübt?

In der Mehrzahl der Gliedkirchen arbeiten die diakonisch-gemeindepädagogischen Mitarbeitenden in einem privatrechtlichen Anstellungsverhältnis. Dieses wird zum Teil mit der jeweiligen Gliedkirche geschlossen (als Regelfall in der

Evangelischen Landeskirche in Baden und der Evangelischen Kirche der Pfalz, in bestimmten Fällen auch in anderen Gliedkirchen), häufiger aber mit einer Kirchgemeinde, mit diakonischen Einrichtungen oder einem Kirchenkreis. Ein öffentlich-rechtliches Anstellungsverhältnis ist als Regelfall nur in der EvangelischLutherischen Kirche in Bayern vorgesehen, teilweise kann es in bestimmten Fällen aber auch in anderen Gliedkirchen begründet werden, wie zum Beispiel in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.

2.5.4 Wer nimmt die Dienstaufsicht wahr?

In Entsprechung zur Vielfalt der Anstellungsverhältnisse ist auch hinsichtlich der Dienstaufsicht von einer pluralen Situation zu sprechen. Grundsätzlich kann man drei Ebenen unterscheiden:

  • Die Dienstaufsicht ist auf gliedkirchlicher Ebene organisiert.
  • Die Dienstaufsicht wird regional wahrgenommen, zum Beispiel vom zuständigen Dekan bzw. der Dekanin.
  • Die Dienstaufsicht liegt beim lokalen Anstellungsträger.

2.5.5 Welche Art von Ausbildung bzw. Studium wird üblicherweise vorausgesetzt?

In den meisten Gliedkirchen wird als Zugangsvoraussetzung für eine diakonisch-gemeindepädagogische Tätigkeit ein (Fach-)Hochschulstudium erwartet. Unterschiede bestehen hinsichtlich der Frage, in welchem Fachbereich dieses Studium zu erbringen ist. Eine Reihe von Gliedkirchen besteht dezidiert auf einer Doppelqualifikation, die allerdings nicht einheitlich verstanden wird. Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannovers fordert zum Beispiel ein Doppeldiplom bzw. einen Doppelbachelor (Religionspädagogik und Soziale Arbeit). In der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau wird hingegen ein Studium entweder der Religionspädagogik, der Sozialpädagogik, der Sozialen Arbeit oder der Pädagogik erwartet und zusätzlich eine anerkannte gemeindepädagogische Qualifikation (unklar ist, ob diese an einer Hochschule erworben sein muss). In der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern studiert man entweder Diakonik (zuzüglich einer staatlich anerkannten Fachausbildung in einem sozialen Beruf) oder schulische Religionspädagogik. In der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens wird ein Bachelorstudium der Religionspädagogik erwartet, welches alternativ einen zusätzlichen Schwerpunkt in Sozialer Arbeit oder Musik hat.

Ergänzend zu den Studiengängen haben nicht wenige Gliedkirchen Verfahrenswege entwickelt, auch Fachschulabsolventinnen und -absolventen einen Zugang zum Arbeitsfeld zu eröffnen. Diese sind freilich recht unterschiedlich geregelt. In manchen Gliedkirchen scheinen Hochund Fachschulabschlüsse hinsichtlich der Zugangsmöglichkeiten in den Beruf recht gleichrangig nebeneinanderzustehen. Zudem gibt es unterschiedliche Verfahrenswege hinsichtlich der Anerkennung von Abschlüssen, die an Hochoder Fachschulen im Gebiet anderer Gliedkirchen erworben wurden.[82]

Insgesamt zeigt die Durchsicht durch die relevanten Rechtstexte, dass hinsichtlich der Zugangsvoraussetzungen, der Berufsbezeichnungen und des Status der diakonisch-gemeindepädagogisch Mitarbeitenden die gliedkirchlichen Regelungen sehr unterschiedlich sind. Dieses steht konträr dazu, dass die Mitarbeitenden häufig die gleichen Aufgaben wahrnehmen. Erschwert wird dadurch einerseits die Entwicklung von erkennbaren Berufsbildern sowie andererseits die Gestaltung berufsbiographischer Übergänge der Mitarbeitenden (vor allem hinsichtlich des Wechsels zwischen den Gliedkirchen, aber auch hinsichtlich der beruflichen Weiterentwicklung in der je eigenen Gliedkirche). Perspektivisch verbindet sich damit die Frage der Attraktivität einer solchen beruflichen Tätigkeit für potentielle Studienbewerberinnen und -bewerber.

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