Sportbeauftragter der EKD: Kirche muss auf Sport zugehen

Düsseldorf (epd). Der Sportbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Valentin Schmidt, hat an die Kirchen appelliert, dem Sport weiter große Bedeutung beizumessen. Sport sei ein wichtiger Teil der Kultur, sagte der frühere EKD-Kirchenamtspräsident am Mittwochabend in Düsseldorf. Es sei Aufgabe der Kirchen, auf Menschen zuzugehen. Das geschehe auch durch so genannte Sportpfarrer, die in Zeiten knapper Kassen nicht dem Rotstift zum Opfer fallen dürften.

Schmidt äußerte sich bei einem Talk-Abend der rheinischen Kirche zur Fußball-Weltmeisterschaft. Der rheinische Präses Nikolaus Schneider rief bei der Veranstaltung unter dem Motto "Das Tor zum Himmel" dazu auf, bei aller Fußball-Faszination bei der WM auch daran zu denken, "dass es noch ganz andere Tore gibt, die für das Leben wichtig sind".

06. April 2006

Tor zum Himmel und Fest des Lebens - Die Kirche lässt sich vom Fußball inspirieren

Von Ingo Lehnick (epd)

Düsseldorf (epd). "Der Faszination der Fußball-Weltmeisterschaft kann sich keiner entziehen", sagt Valentin Schmidt. Für den Sportbeauftragten der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gibt es "kein Medium auf der Welt, das Menschen so verbindet wie Fußball". Bischöfe und Präsides könnten darüber genauso reden wie ein Hartz-IV-Empfänger in Wanne-Eickel. "Eine Sprache, die global verbindet", stellt der frühere Kirchenamtspräsident fest.

Grund genug für die Kirche, frühere Berührungsängste und Abgrenzungen beiseite zu schieben und sich vom Fußball inspirieren zu lassen, ohne gleich das Klischee der Ersatzreligion zu bedienen. "Fußball ist kein Heils- und Glücksbringer, aber auch nicht Abschaum und Verdammnis", betont der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider. Kirche und Sport könnten einander heute mit Lockerheit begegnen.

Wie am Mittwoch bei einem Talk-Abend der rheinischen Kirche in Düsseldorf unter dem Motto "Das Tor zum Himmel". In der Runde konstatiert der für seine emotionalen Reportagen aus dem Nürnberger Stadion bekannte Kult-Sportreporter Günther Koch, die Kirche könne vor allem in Sachen Begeisterung vom Fußball lernen. Es fallen Stichworte wie Gefühl und Gemeinschaft, Faszination und Ritual, Sieg und Niederlage.

Carmen Thomas, erste Sportmoderatorin des deutschen Fernsehens, hebt die gesellschaftliche Bedeutung des Mannschaftssports hervor: Menschen könnten lernen, sich für andere einzusetzen, statt dem gesellschaftlichen Egoismus zu frönen nach dem Motto "Wenn alle an sich denken, ist an alle gedacht". Ex-Nationalspielerin Martina Voss sieht eine wichtige Vorbildfunktion der Fußball-Ikonen für junge Leute.

Während die "Unterhaltungsmaschine Fußball" und die "Schleiflack-Welt" des Profigeschäfts von den Experten aus Kirche, Sport und Journalismus auch kritisch gesehen werden, erntet der Breitensport uneingeschränktes Lob. Der Amateur-Fußball sei "der größte Schmelztiegel für die Integration von Ausländern", meint der Präsident des Westdeutschen Fußball- und Leichtathletik-Verbandes, Hermann Korfmacher.

Was den Spitzenvertretern der Kirchen die Vorfreude auf die WM ein klein wenig vergällt, ist das Problem der meisten deutschen Fans: Es sei offenbar leichter, in den Himmel zu kommen, als ein Ticket fürs WM-Finale zu ergattern, lautet die Klage. Da hilft Präses Schneider auch nicht der Hinweis, bei der letzten WM in Deutschland 1974 habe er zusammen mit seiner Frau Anne das Finale im Münchner Olympiastadion verfolgt - und Deutschland sei prompt Weltmeister geworden.

Am Ende geht es doch um mehr als Fußball. "Es geht um das Fest des Lebens", sagt der behinderte Theologe und Tischtennis-Weltmeister Rainer Schmidt. Und Präses Schneider appelliert: "Lassen Sie sich von der WM inspirieren und denken Sie daran, dass es noch ganz andere Dimensionen gibt, für die sich zu leben lohnt, und noch ganz andere Tore, die für das Leben wichtig sind. Das Tor zum Himmel ist geöffnet."

06. April 2006

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