Evangelisches "Nordlicht" in Rom - Pastor Jens-Martin Kruse leitet lutherische Gemeinde der Ewigen Stadt

Von Bettina Gabbe (epd)

Rom (epd). Unter den evangelischen Auslandsgemeinden gehört Rom zu den begehrten Posten. Neuer Pfarrer an der Evangelisch-lutherischen Kirche in der italienischen Hauptstadt ist ab diesem Freitag (1. August) Jens-Martin Kruse. Nach einem aufwendigen Auswahlverfahren entschieden sich die Gemeindemitglieder im April für Kruse, der Erfahrung im hohen Norden mit einer römischen Vergangenheit verbindet. Die feierliche Einführung erfolgt am 14. September.

Bisher war der 38-jährige Pastor in Quickborn nordwestlich von Hamburg. Die nordelbische Gemeinde zählte rund 7.500 Mitglieder. Klein aber fein nimmt sich dagegen die römische lutherische Gemeinde mit rund 350 Mitgliedern aus. Für den promovierten Theologen und Kirchenhistoriker ist die Diasporasituation der Protestanten am Sitz der katholischen Weltkirche kein Hindernis sondern Herausforderung.

"Ich freue mich über alle Maßen, wir können unser Glück kaum fassen, dass es uns zum zweiten Mal nach Rom verschlägt", schwärmt Kruse, der mit Frau und drei Kindern von der Evangelischen Kirche in Deutschland in den Süden entsandt wurde. Rom ist ihm nicht fremd. Während seines Vikariats verbrachte er 2003 ein Jahr in der römischen Gemeinde.  

"Rom ist für jeden, der mit Kunst, Kultur und der Geschichte des Christentums zu tun hat, die schönste Stadt", findet Kruse. In der Ewigen Stadt seien 2000 Jahre Christentum anhand unzähliger Bauten und Kunstwerke  an jeder Ecke hautnah zu erleben.  

Da die Lutheraner eine der christlichen Minderheiten im katholischen Rom stellen, gehört ökumenischer Dialog zum Hauptgeschäft der Gemeinde. Bereits bei seinem Aufenthalt vor fünf Jahren knüpfte Kruse Kontakte: in den Vatikan, zu den Laienbewegungen Sant 'Egidio und Fokolar sowie anderen Konfessionen. Nun will er etwa den "ökumenischen Aperitif" der Benediktinerabtei an der Basilika St. Paul vor den Mauern kennenlernen.  

In der evangelischen Gemeinde von Rom, die 1819 gegründet wurde und in den Anfangsjahren in der Preußischen Gesandtschaft Unterschlupf gefunden hatte, stehe ein Generationenwechsel an, skizziert Kruse vorsichtig den Nachwuchsmangel. Mit Angeboten für Kirchenferne will er vor allem jüngere Menschen ansprechen. Auch plant er - assistiert von Kunsthistorikern und Theologen - Führungen durch Roms Kirchen. "Die Frage, wie und in welchen Formen sich der christliche Glaube ausgeprägt, kann man in Rom spannend untersuchen", findet Kruse.

Das Gemeindeleben der römischen Christuskirche will der für sechs Jahre gewählte Pastor "gleichzeitig nach innen vertiefen und nach außen öffnen". Besucher müssten sich eingeladen fühlen, wird er nicht müde zu betonen. In Deutschland habe man in den letzten Jahren gelernt, "über die Kerngemeinde hinaus zu denken". Kruse möchte für "Offenheit über die Gemeinde hinaus" werben. Als Religionslehrer an der Deutschen Schule Rom wird er Gelegenheit haben, auch mit kirchenfernen Menschen ins Gespräch zu kommen.


31. Juli 2008