Kirche und Kulturrat für neue Debatte über "Kultur des Sonntags"

Berlin (epd). Unmittelbar vor Beginn der Adventszeit haben die evangelische Kirche und der Deutsche Kulturrat für eine breite Debatte über eine "Kultur des Sonntags" geworben. Der arbeitsfreie Sonntag sei auch eine kulturelle und soziale Errungenschaft, sagte die Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bahr, am Freitag in Berlin. Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, forderte einen kostenfreien Eintritt in Kultureinrichtungen am Sonntag sowie eine Öffnung der Bibliotheken. Es sei wichtig, Alternativen zu den kommerziellen Angeboten der am Sonntag geöffneten Geschäfte anzubieten.

Die EKD-Kulturbeauftragte sagte weiter, es müsse die Frage gestellt werden, was es für eine Gesellschaft bedeute, wenn das Einkaufen "als quasi-religiöser Event" verstanden wird, bei dem "Sinn erzeugt wird". Zimmermann ergänzte, die Frage der Bedeutung des Sonntags sei weniger rechtlich zu klären. Vielmehr gehe es um eine "mentale Frage": "Ist der Einkauf zu jeder Zeit ein inneres Bedürfnis, oder weiß da jemand nicht, was er sonst mit seinem Leben anfangen soll?" Der Handel befriedige ein bestimmtes Bedürfnis. Es sei Aufgabe von Kultur und Kirchen, dieses Bedürfnis auszumachen und zu bedienen.

Bahr schlug vor, in der Adventszeit mehr Kirchen zu öffnen und Gelegenheiten zum Mitsingen von Weihnachtsliedern zu bieten. Sie sprach sich dagegen aus, für Kirchen am Sonntag Eintritt zu erheben, wie es einige touristisch attraktive Gotteshäuser tun. Die Kirchen müssten mit guten Angeboten am Sonntag werben: Denn nach dem Gottesdienst sei nicht Schluss, sondern Angebote etwa für Kinder in den Gemeinden fingen erst an, sagte Bahr.

Geschäftsführer Zimmermann sagte, gerade in Zeiten der Finanzkrise sehe er gute Chancen für eine neue Debatte um den Sonntagsschutz. Denn aus dem Chaos auf den Finanzmärkten sei eine Sinnkrise erwachsen. Viele stellten sich die Frage neu, was im Leben wichtig sei. Er äußerte sich zuversichtlich, dass es in den kommenden Jahren weniger verkaufsoffene Sonntage geben werde. Auch Bahr wies darauf hin, dass die Ladenöffnung am Sonntag sich für viele Geschäfte gar nicht lohne wie erwartet. Eine "gehörige Portion an Realismus" könne daher schon helfen, um aus dem Thema des arbeitsfreien Sonntags keinen "Kulturkampf" zwischen Handel und Kirchen werden zu lassen.

28. November 2008