American Jewish Committee wirft deutschen Medien Antisemitismus vor

Berlin (epd). Das American Jewish Committee hat deutschen Printmedien die Verbreitung antisemitischer Stereotypen in der Nahost-Berichterstattung vorgeworfen. Von «zunehmend aggressiven Tönen gegen Israel» sprach die Leiterin des Berliner Büros, Deidre Berger, in Berlin bei der Vorstellung einer Studie, die sieben Zeitungen und ein Magazin auswertet. Sie wurde im Auftrag des American Jewish Committee vom Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung erstellt. Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon werde in den untersuchten Medien wesentlich schärfer beurteilt als die Regierungschefs anderer demokratischer Staaten, sagte Berger. Scharon werde als Bulldozer, Schlächter und Kriegstreiber bezeichnet. Als Symbolfigur für das Scheitern des Friedensprozesses im Nahen Osten gelte Scharon, so die Studie. Das Handeln der palästinensischen Seite werde hingegen weniger berücksichtigt. Die Verfasser der Studie kritisieren auch, dass das Vorgehen der israelischen Armee in einen antichristlichen Kontext gestellt werde. Zitiert wird die «Welt», in der es hieß, israelische Soldaten seien wie römische Legionäre durch die «Via Dolorosa» gestürmt. Eine negative Charakterisierung findet sich der Studie zufolge in der Kriegsberichterstattung, in der militärische Aktionen als Aktionen von Maschinen geschildert würden: «Kampfhubschrauber beschossen» oder «Panzer rollen an». Außerdem werde stets ein Ungleichgewicht inszeniert, indem israelische Panzer in der Berichterstattung palästinensischen Steinewerfern gegenübergestellt würden. Anhand von vier Ereignissen seit dem Herbst 2000 haben die Autoren der Studie, Siegfried und Margarete Jäger, die Nahost-Berichterstattung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Süddeutschen Zeitung, der Frankfurter Rundschau, des «Tagesspiegels», der «tageszeitung», der «Welt» und des «Spiegels» untersucht. Insgesamt wurden 427 Artikel analysiert. Der Deutsche Presserat bestätigte eine Tendenz zu antisemitischer Berichterstattung in deutschen Printmedien nicht. Als Misstand in der Presse habe der Presserat das Thema bislang nicht aufgegriffen, sagte Geschäftsführer Lutz Tillmanns auf Anfrage des epd. Er wies jedoch darauf hin, dass in den vergangenen Monaten einzelne Beschwerden wegen antisemitischer Wendungen in Zeitungsartikeln eingegangen seien.