Tschechische Kirche: Schuld an der Vertreibung der Deutschen bekennen

P r a g /D r e s d e n (idea) – Für eine ehrliche Aufarbeitung der tschechischen Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich die Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder ausgesprochen. Hintergrund ist die jüngste Debatte um die umstrittenen Benesch-Dekrete, mit denen 1945 die Deutschen in der Tschechoslowakei enteignet und vertrieben wurden. Der tschechische Regierungschef Milos Zeman hatte im Wahlkampf – die Parlamentswahlen finden am 14. und 15. Juni statt – eine Aufhebung der Dekrete abgelehnt und die Sudetendeutschen “Hitlers fünfte Kolonne” genannt. Diese Äußerungen waren insbesondere bei Vertriebenen und der bayerischen Staatsregierung auf heftige Kritik gestoßen. Der stellvertretende Präsident der Synode der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder, Pavel Solar, sprach das Thema vor der sächsischen Landessynode an, die vom 31. Mai bis 2. Juni in Dresden tagte. Er verlas eine am 25. Mai abgegebene Erklärung seiner Kirche zu den deutsch-tschechischen Beziehungen. Darin heißt es im Blick auf die Vertreibung: “Einige Menschen bei uns und in den benachbarten Ländern benutzen dieses traurige Kapitel für ihre Ziele im Rahmen von Wahlkämpfen und bei der Durchsetzung von Gruppeninteressen. Solches Schüren von Gehässigkeit zwischen Nachbarstaaten beunruhigt uns.” Der Erklärung zufolge lässt sich die Vertreibung und Aussiedlung als Reaktion auf die deutsche Besetzung erklären. Zugleich heißt es: “Dennoch belasten die Gewalt an den Vertriebenen, die massenhafte Demütigung, Enteignung, Vertreibung und Aussiedlung von drei Millionen Deutschen, die die Tschechen verübten und die Zehntausende das Leben kosteten ... unser nationales Gewissen.” Es sei deshalb die Aufgabe des tschechischen Volks, die eigene Schuld zu sehen und  auszusprechen. Es gehöre auch zu den ‚nationalen Interessen’, “sich ehrlich zu seiner Vergangenheit zu bekennen, nicht nur zum Guten, sondern auch zum Bösen”. Die Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder hat 137.000 Mitglieder.