Der Sonntag ist «heilig» - Ausstellung in Bonn

Von Sabine Schmidt-Gerheim (epd)

Bonn (epd). «Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln gehen» - wie kein anderes Lied vermittelt dieser 1929 entstandene Schlager die Vorfreude auf einen besonderen Wochentag, den Sonntag. Die Gestaltung des Sonntags und seine Kulturgeschichte schildert seit Donnerstag eine Ausstellung im Bonner «Haus der Geschichte», die bis zum 21. April 2003 zu sehen ist. Für Gemeinschaft, Familie und Privatleben steht der Sonntag nach wie vor hoch im Kurs. Den meisten Deutschen ist er «heilig»: Fast 80 Prozent schätzen den Sonntag als besonderen Tag, auf den sie nicht verzichten wollen. Unter dem Titel «Am siebten Tag. Geschichte des Sonntags» zeigen mehr als 800 Exponate die religiösen und historischen Wurzeln des Sonntags und seine Veränderungen im gesellschaftlichen Wandel. Kanzel, Altar, Kirchenglocke, Beichtstuhl und Messgewand aus dem Mittelalter sind ebenso zu sehen wie spätromantische Gemälde, Fotografien von Sonntagsszenen, Plakate, Wochenschauen und Werbefilme. Dokumentiert sind auch die Versuche, den Sonntag aus handfesten ökonomischen oder ideologischen Interessen zum Werktag zu degradieren. Ab Juni soll die Schau in Leipzig zu sehen sein. Bibelzitate und die Schöpfungsgeschichte machen die religiösen Wurzeln des Sonntags deutlich: Als Ruhetag stellte ihn Kaiser Konstantin erstmals im Jahre 321 im Römischen Reich unter gesetzlichen Schutz. An die kirchlichen Gebote aus dem Mittelalter erinnert die Skulptur der Heiligen Notburga. Als Schutzpatronin der Dienstmägde hielt sie bei «Sonntagsfrevel» den Teufel fern. Denn nur zu gerne wurden die Mägde von ihren Dienstherrn zur Sonntagsarbeit gezwungen, obwohl Sonntagsruhe geboten war. In edlem «Sonntagsstaat» aus feinstem Stoff und Tuch, mit Hut, Tasche, Handschuhen, Stock und Sonnenschirm präsentiert sich das Bürgertum in der Biedermeierzeit. Im Kontrast dazu steht der schlichte Auftritt von Arbeitern und Angestellten im modernen Industriezeitalter, bevor die Kleiderordnung für den Sonntag in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts vollends abgelegt wird. Den nötigen Freiraum für Familienleben, für die Ausflugs- und Vereinskultur schafft das gesetzliche Verbot der Sonntagsarbeit im Jahr 1891. Erst 1919 wird der arbeitsfreie Sonntag in der Weimarer Reichsverfassung garantiert und damit die Basis moderner Freizeitgestaltung gelegt. Kurz darauf stößt das NS-Regime ideologisch vor und setzt eigene Aktionen in Konkurrenz zur christlich geprägten Sonntagskultur. Plakate von Großveranstaltungen wie den «Eintopfsonntagen» und Protestschreiben der Kirchen zeugen von empfindlichen Eingriffen ins Gemeindeleben. Entscheidend nahmen die verschiedenen gesellschaftlichen und politischen Systeme in Ost- und Westdeutschland nach 1949 Einfluss auf die Sonntagskultur: In der Bundesrepublik lassen kirchliche Bindungen nach. Wirtschaftswachstum, Arbeitszeitverkürzung und der arbeitsfreie Samstag bringen ein Mehr an Freizeit. In der DDR versucht die SED-Führung mit Jugendweihe und Aufbausonntag die Kirchen offensiv zu verdrängen. Die Arbeit im Kollektiv wird auch für den Sonntag proklamiert. Tatsächlich aber zieht die Mehrheit der Bevölkerung die Gartenlaube vor und folgt dem Motto am «Freitag nach eins macht jeder seins». Die Ausstellung im Bonner Haus der Geschichte ist bis zum 21. April dienstags bis sonntags jeweils von 9 bis 19 Uhr geöffnet.