Meinungsforscherin: Interesse an ethischen Fragen hat nachgelassen

Timmendorfer Strand (epd). Das Interesse an Sinnfragen und Religion hat nach Angaben der Meinungsforscherin Renate Köcher unter den Deutschen nachgelassen. Die Mehrheit der Bevölkerung lasse sich bei der Bewertung des wissenschaftlichen und medizinischen Fortschritts eher von pragmatischen Aspekten leiten, sagte die Leiterin des Instituts für Demoskopie Allensbach am Montag vor der Synode der Evangelischen Kirche (EKD) im Ostseebad Timmendorfer Strand.

«Die Nutzenerwartung ist im Bereich der medizinischen Forschung in den Vordergrund getreten», sagte Köcher in einem Referat zum Schwerpunktthema «Was ist der Mensch?», mit dem sich das bis Freitag Kirchenparlament befasst. Wenn beispielsweise in der Genforschung ein nennenswerter Vorteil zu erwarten sei, spielten ethische Erwägungen für die Menschen eine untergeordnete Rolle.

Die Mehrheit der Bevölkerung setze große Hoffnungen in den wissenschaftlichen Fortschritt, glaube allerdings nicht, die Entwicklung selbst beeinflussen zu können. «Die Menschen fühlen sich nicht als Gestalter der Zukunft, sondern eher als Publikum», sagte die Demoskopin. Als Gestalter der Zukunft sehe die Bevölkerung in erster Linie Naturwissenschaftler, Unternehmer und Techniker. Hingegen würden die Kirchen eher als Kräfte betrachtet, «die der Entwicklung im Wege stehen oder Mühe haben, mit ihr Schritt zu halten», sagte Köcher.

Der Heidelbergerprofessor Theologie Wilfried Härle betonte vor der Synode, nach christlichem Verständnis habe jeder Mensch eine von Gott verliehene Würde, die von Anfang an gelte. Die Menschenwürde beginne bereits mit der Befruchtung, sagte Härle. Mit Blick auf abweichende Standpunkte in dieser Frage innerhalb der Kirche räumte er «weiteren Klärungsbedarf» ein.