Jedes zehnte evangelische Kirchenmitglied ist Spätaussiedler

EKD-Beauftragter Wollenweber: Aussiedler bereichern die Kirche

G ö r l i t z (idea) – Jedes zehnte der 26,6 Millionen evangelischen Kirchenmitglieder in Deutschland ist Spätaussiedler. Sie seien eine Bereicherung für die Kirche, sagte der Aussiedlerbeauftragte der EKD, Bischof Klaus Wollenweber (Görlitz), gegenüber idea. Nach seinen Angaben könnten noch 450.000 Aussiedler vor allem aus den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion kommen. Ob sie tatsächlich übersiedeln, sei allerdings offen, denn inzwischen hätten sich die Probleme in Deutschland herumgesprochen, etwa die Arbeitslosigkeit. Laut Wollenweber geben 45 Prozent der nach Deutschland kommenden Aussiedler an, evangelisch zu sein. 30 Prozent sind römisch-katholisch, und die restlichen 25 Prozent machen keine Angaben. Betroffen ist der Bischof der Evangelischen Kirche der schlesischen Oberlausitz über das Scheitern des Zuwanderungsgesetzes, nachdem das Bundesverfassungsgericht die Abstimmung im Bundesrat für verfassungswidrig erklärt hatte. Dadurch seien auch die vorgesehenen Verbesserungen für Aussiedler zunächst hinfällig, so Wollenweber. Er hofft, dass diese Bestimmungen bald als separates Gesetz beschlossen werden. Er begrüßt auch ein Gerichtsurteil, nach dem für die Anerkennung als Aussiedler zumindest die umgangssprachliche Beherrschung der deutschen Sprache vorausgesetzt werden kann. Die Sprachprüfung müsse bereits im Herkunftsland abgelegt werden. Deutschkurse in Deutschland müssten bis zu einem Jahr lang von der öffentlichen Hand finanziert werden.

Lasst die Aussiedler einfach erzählen ...

Wollenweber weist Vorurteile gegenüber Aussiedlern zurück. Diese seien “sehr zuverlässig und arbeitsfreudig”. Probleme gebe es freilich in der jungen Generation, die oft in die Fänge von Banden gerieten. Gefährdet seien vor allem Jugendliche ohne Schul- oder Berufsabschluss und mit mangelhaften Deutschkenntnissen. Zufrieden ist Wollenweber mit dem Engagement der evangelischen Kirche für die Aussiedler, “obwohl man immer noch mehr tun kann”. Bewährt habe sich, dass jede Landeskirche einen Aussiedlerbeauftragten habe und sich die Diakonie intensiv um Aussiedlerfamilien bemühe. Wo sich eine Kirchengemeinde um Aussiedler kümmere, gebe es kaum Probleme. Wichtig sei, dass man bereit sei, auch von den Aussiedlern zu lernen. Wollenwebers Rat: “Lasst diese Menschen doch einfach einmal erzählen, woher sie kommen, was sie erlebt haben, welche Erwartungen sie haben, welche Frömmigkeit ihnen eigen ist.”