Fernsehsender wollen angekündigte Leichensektion nicht übertragen

Hannover/Marl (epd). Die meisten deutschen Fernsehsender wollen eine für das Frühjahr in München angekündigte Leichensektion des Anatom Gunther von Hagens nicht übertragen. Dies teilten die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und das Adolf Grimme Institut am Dienstag in Hannover und Marl mit. EKD und Grimme-Institut hatten die Fernsehsender im vergangenen Dezember aufgefordert, dem angekündigten «Leichenspektakel» keine Sendezeit zu geben. Auf diesen Aufruf hätten die meisten Sender «mit großer Zustimmung» reagiert, hieß es.

Sowohl die ARD und der WDR, wie auch RTL und ProSieben und Sat.1 hielten eine Übertragung einer öffentlichen Leichensektion für «problematisch» oder «unwürdig», heißt es in der Pressemitteilung. Der Rundfunkbeauftragte der EKD, Bernd Merz, sprach von einer «durch und durch positiven» Resonanz.

Gunther von Hagens hatte anlässlich seiner «Körperwelten»-Ausstellung mit plastinierten Leichen in London angekündigt, er wolle im kommenden Frühjahr in München öffentlich eine Leiche sezieren. Wie eine Sprecherin der Stadt München dem epd am Dienstag mitteilte, hat von Hagens jedoch noch keinen Antrag auf eine entsprechende Veranstaltung gestellt. Der Münchner Stadtrat will an diesem Mittwoch über eine geplante «Körperwelten»-Ausstellung und die angekündigte öffentliche Sektion debattieren.

Der EKD-Rundfunkbeauftragte Merz und Grimme-Institut-Geschäftsführer Bernd Gäbler hatten die Verantwortlichen der öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehsender am 12. Dezember aufgefordert, der geplanten öffentlichen Leichensektion keine Sendezeit zu geben. Das «Leichenspektakel» gehe auf Kosten der Würde der Toten, hatten sie in einem gemeinsamen Brief erklärt.

Offensichtlich hatte sich nur der Direktor Europäische Satellitenprogramme beim ZDF, Gottfried Langenstein, gegen das Ansinnen von Gäbler und Merz verwahrt. Langenstein hatte geschrieben, «ein Medium mit Verfassungsauftrag» könne sich nicht «vorab durch selektive Selbstbeschränkung der Erörterung gesellschaftlich relevanter Themen entziehen».