Evangelische Kirche warnt vor Vermischung der Religionen

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat vor einer Vermischung der Religionen gewarnt. Eine Ökumene der Religionen vergleichbar mit der Ökumene zwischen Kirchen sei ein «Irrweg», heißt es in den am Donnerstag in Hannover vom Rat der EKD vorgelegten Leitlinien «Christlicher Glaube und nichtchristliche Religionen». Die Unterschiede zwischen einzelnen Glaubensrichtungen müssten geachtet und dürften nicht verwischt werden. Ein gemeinsames Gebet von Christen und Muslimen sei daher nicht möglich. 

Zugleich wolle man jedoch zum «notwendigen Dialog» zwischen den Religionen ermutigen, erklärte der EKD-Ratsvorsitzende Manfred Kock. Dieser gelinge jedoch nur, wenn man «den anderen in seiner Fremdheit und Eigenheit» akzeptiere. So hätten andere Religionen oft ein anderes Bild von der Welt und dem Menschen als das Christentum. Das 22-seitige Papier wurde von der EKD-Kammer für Theologie unter Vorsitz der Theologieprofessoren Eberhard Jüngel (Tübingen) und Dorothea Wendebourg (Berlin) erarbeitet.

Die Verwurzelung der Menschen in ihren eigenen religiösen und kulturellen Traditionen werde in Europa schwächer, räumt die EKD ein. Die Menschen bedienten sich daher in ihrer Suche nach Lebenssinn oft aus dem Angebot unterschiedlicher Religionen. Christen könnten aber nicht «guten Gewissens» an der religiösen Praxis anderer Religion wie etwa Opferriten oder Anrufung von Geistern teilnehmen, um so religiöse Erfahrung zu sammeln.

Da immer mehr Menschen in Europa einer nichtchristlichen Religion angehörten, seien die Kirchen herausgefordert, ihr Verhältnis zu anderen Religionen zu klären, so die EKD. Auch rechtliche Fragen, etwa zu Tierschutz, Eherecht oder Wehrdienst, würden von unterschiedlichen religiösen Zugängen her verschieden bewertet. Der Text nehme damit ein von der evangelischen Theologie lange vernachlässigtes Thema auf, sagte der Vizepräsident des EKD-Kirchenamtes, Hermann Barth, dem epd.

Die katholische Kirche hatte zuletzt im Jahr 2000 in dem Vatikan-Dokument «Dominus Iesus» vor religiöser Beliebigkeit gewarnt. Darin wird zugleich die Abgrenzung der katholischen Kirchen zu den Kirchen der Reformation betont, was bis heute anhaltende Verstimmungen zwischen Protestanten und Rom auslöste. Eine grundsätzlich positive Einstellung gegenüber nichtchristlichen Religionen vertritt die auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) vorgestellte Erklärung «Nostra aetate»: «Die katholische Kirche lehnt nichts von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist.»