Bischöfe: Bußtag auch für Politiker Zeit der Besinnung

Frankfurt a.M. (epd). Zum Buß- und Bettag an diesem Mittwoch haben evangelische Bischöfe Politiker an ihre Verantwortung für die Gesellschaft erinnert. Gerade in Zeiten der sozialen Umbrüche und Reformen sei eine Unterbrechung des hektischen Alltagsgeschäfts zur Besinnung nötiger denn je, heißt es in Grußworten und Predigten. Der Tag erinnere auch an die menschliche Fehlbarkeit. Die Bischöfe forderten dazu auf, mehr auf das Wort Gottes zu hören.

Der bayerische Landesbischof Johannes Friedrich appellierte an Politiker, nicht ihre Möglichkeiten zu überschätzen: «Ihr habt schwere Entscheidungen zu treffen, bei denen es allzu oft nicht die richtige Lösung gibt», erklärte Friedrich in München. Gerade wegen immer komplexer werdender Probleme und einer sich immer rascher vollziehenden Entwicklung in allen Bereichen, sei es unabdingbar, «eine Zäsur zu machen und innezuhalten».

Bischof Martin Hein (Kassel) warnte vor zunehmendem Vertrauensverlust in der Gesellschaft. «Scheinbar gesichert geglaubte Besitzstände und Lebensperspektiven drohen verloren zu gehen. Die Sozialsysteme stehen vor grundlegenden Veränderungen», erklärte er in seinem Wort zum Bußtag. Hein: «Wir sind nicht von der Wiege bis zur Bahre Leistungsträger.» Durch Gottvertrauen könne man neues Selbstvertrauen gewinnen und sich zuversichtlich der Welt zuwenden.

Bischof Hans Christian Knuth (Schleswig) rief zum Bußtag ehemalige Kirchenmitglieder auf, einen möglichen Wiedereintritt zu bedenken. Das Wirken der Kirche für Not Leidende sei durch die Sparmaßnahmen akut bedroht, so der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands. Buße heiße «Umkehr», und manch einer sei aus Enttäuschung oder Wut einmal aus der Kirche ausgetreten. Viele Menschen würden jetzt, wo überall der soziale Zusammenhalt bröckelt, erst merken, was sie an der Kirche gehabt haben, so Knuth als Repräsentant von rund elf Millionen Lutheranern.

Die Bischöfinnen in Schleswig-Holstein und Hamburg zeigten sich besorgt über eine wachsende Kluft zwischen Arm und Reich. Der Bußtag biete die Chance, im «Reformeifer» die Auswirkungen von Kürzungen auf sozial schwache Menschen nicht aus den Augen zu verlieren, erklärten sie am Dienstag. Die Lübecker Bischöfin Bärbel Wartenberg-Potter ermahnte zu einem «bescheidenen Lebensstil». Hamburgs Bischöfin Maria Jepsen rief Christen dazu auf, «die Bedeutung des Evangeliums» auch in der Politik zur Sprache zu bringen.

Der Buß- und Bettag ist für Protestanten ein Tag der Besinnung und Neuorientierung. Der Feiertag wurde 1995 zur Finanzierung der Pflegeversicherung in allen Bundesländern außer in Sachsen als gesetzlicher Feiertag ersatzlos gestrichen. Volksentscheide zur Wiedereinführung sind bislang gescheitert. Viele Gemeinden laden meist am frühen Abend zu Andachten ein, um auch Berufstätigen die Teilnahme zu ermöglichen.