Käßmann betont in Moskau Bedeutung des Zivildienstes

Hannover/Moskau (epd). Die Präsidentin der Zentralstelle für Kriegsdienstverweigerer, die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann, hat in Moskau die Bedeutung des Zivildienstes für die deutsche Gesellschaft hervorgehoben. Das überzeugende Engagement der Kriegsdienstverweigerer habe zu vielen positiven Veränderungen geführt, sagte Käßmann einem vorab verbreiteten Manuskript zufolge am Dienstag bei einer Konferenz über Zivildienst in Russland im Rahmen des «Petersburger Dialogs».

Kriegsdienstverweigerung sei in Deutschland zur gesellschaftlichen Normalität geworden, betonte die evangelische Theologin. Ältere Menschen, die in den Verweigerern zunächst eher «Vaterlandsverräter» oder «Drückeberger» sahen, hätten in Krankenhäusern und Altenheimen erfahren, dass viele junge Zivildienstleistende «stark ethisch und sozial motiviert» seien.

Am 10. April 1961 hätten die ersten 340 Verweigerer ihren Ersatzdienst begonnen. Heute seien es rund 90.000 pro Jahr und damit knapp 40 Prozent aller «tauglichen» Männer. Der Zivildienst werde zu 95 Prozent in sozialen Einrichtungen geleistet. Bei dem vermutlichen Wegfall der Wehrpflicht im Jahr 2008 seien 90.000 Zivildienstleistende durch rund 60.000 Arbeitskräfte zu ersetzen.

Käßmann sagte weiter, Kriegsdienstverweigerung sei wie die Meinungs- und Religionsfreiheit ein Grundrecht, das nicht von einem Antrag abhängig sein dürfe. Dies gelte auch für ein noch so liberal organisiertes Verfahren. Staatliche Stellen müssten eine einfache Erklärung des Bürgers zur Kriegsdienstverweigerung akzeptieren. Es müsse auch niemand beim Staat einen Antrag stellen, wenn er einer von ihm gewählten Kirche angehören wolle.

Der «Petersburger Dialog» ist eine Initiative des russischen Präsidenten Wladimir Putin und des deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) aus dem Jahr 2001, die den Dialog der beiden Zivilgesellschaften zum Ziel hat.

03. Februar 2004