Messepfarrer: Momente der Ruhe mitten im Trubel

Jeffrey Myers ist Pfarrer an der Frankfurter Messe

Von Stefanie Bock

Frankfurt a.M. (epd). Es ist ein Ort der Ruhe inmitten hektischen Treibens. Nur einige Schritte entfernt hasten jährlich mehr als zwei Millionen Menschen vorbei, doch nur wenige besuchen das «Kirchen-Center» der Messe Frankfurt am Main. «Zufallsbesucher gibt es nicht. Uns findet nur, wer zu uns will», sagt Jeffrey T. Myers. Der Theologe ist der einzige hauptamtliche Messeseelsorger in der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Den Weg in die ökumenische Kapelle im Torhaus - dem Verwaltungs- und Servicegebäude der Messe - finden Menschen, die für einen Moment innehalten wollen. Zumeist seien es solche, die der Kirche fern stehen, sagt Myers. Er lädt die Ruhe- und Sinnsuchenden zum Meditieren, Beten und Feiern von Gottesdiensten ein. Für Muslime liegt in der Kapelle sogar ein Gebetsteppich bereit.

Viele Menschen sind dankbar für das kirchliche Angebot. Ihre Worte in einem Gästebuch geben einen Eindruck davon: «Danke, dass es diese Kapelle gibt», steht dort zu lesen. Oder: «Endlich den Ort der Stille gefunden, die herrliche Kapelle. Beruhigend im Trubel der Messe mit so vielfältigen Geistesströmungen einen so schönen Raum der Besinnung zu erleben, der dem Glauben dient.»

Immer wieder bitten Besucher und Aussteller um ein seelsorgerliches Gespräch. «Sie wollen mit mir reden, gerade weil ich fremd für sie bin und sie mich nie wieder sehen werden», sagt Myers. Alltag ist für den evangelischen Pfarrer die Tasse Kaffee mit einem allein reisenden Messebesucher und ein Plausch über Gott und die Welt. Gelegentlich gelingt es ihm, einen Messebesucher zu überzeugen, wieder in die Kirche einzutreten.

Jeffrey Thurston Myers wurde 1952 im US-amerikanischen Bundesstaat Kansas geboren. Er studierte unter anderem in San Francisco und im schottischen Edinburgh. Vor 17 Jahren kam er nach Deutschland. Neben seiner Tätigkeit auf der Messe ist der promovierte Theologe seit 1990 Pfarrer für Stadtkirchenarbeit in der Alten Nikolaikirche auf dem Frankfurter Römerberg.

In der 1997 eingerichteten Sonderpfarrstelle auf dem Messegelände sieht Myers eine große Chance, um auch zwischen den Sonntagen für andere da zu sein. «Die Kirche muss sich unter die Menschen mischen, sich für sie und ihren Alltag interessieren», so der Messepfarrer. Mit dem Angebot von Seelsorge und Gastfreundschaft sei der «Publikumsmagnet» Messe der richtige Ort.

Um auf Menschen besser zugehen zu können, will der Seelsorger das Kirchen-Center aus seinem bisherigen Schattendasein herausholen. Myers plant, das Torhaus künftig öfter zu verlassen und mit einem Stand mitten im Geschehen dabei sein. «Wir haben hier alle Möglichkeiten, wir müssen nur die richtigen Ideen finden.»

Dies gelang Myers bereits auf der Hochzeitsmesse, als sein Rat bei künftigen Brautpaaren viel gefragt war. Er half ihnen etwa, einen Trauspruch zu finden, und informierte darüber, wie eine kirchliche Trauung abläuft. Während der Messe «Fur and Fashion» vor einigen Wochen feierte Myers in der Alten Nikolaikirche mit Mitgliedern des mitveranstaltenden Pelzverbandes eine Trauerfeier für deren kurz zuvor verstorbenen Vorsitzenden.

Passend zur Fachmesse für Dekorations- und Festschmuck «ChristmasWorld» lud der Messepfarrer Aussteller und Besucher ein, sich die Weihnachtskrippe in der Alten Nikolaikirche anzusehen. Mit solchen Exkursionen will Myers Brücken schlagen zwischen der heutigen und der historischen Messe, dem hochmodernen Ausstellungsgelände und den ersten Messeplätzen vor dem Frankfurter Dom oder dem Römerberg.

13. Mai 2004