Käßmann: Christen sollen mehr Auferstehungszuversicht verbreiten

Hannoversche Landesbischöfin: Zeichen gegen aktive Sterbehilfe setzen

H a n n o v e r (idea) – Christen sollten wieder lernen, glaubwürdig und verständlich über Tod und Auferstehung zu reden. Damit setzten sie auch ein Zeichen gegen Tendenzen, die aktive Sterbehilfe zu legalisieren, sagte die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann am 3. Juni in ihrem Bericht vor der Landessynode in Hannover. Es sei äußerst wichtig, über das Sterben zu sprechen, das die Gesellschaft einerseits sehr beschäftige, das man andererseits aber auch oft verdränge. Dabei dürften Christen den Wunsch nach Sterbehilfe nicht in Bausch und Bogen verdammen. Die Angst vor einem qualvollen, langsamen, oft technisch verlängerten Sterben sei verständlich. Es gelte daher, die Schmerzmedizin und die Hospizdienste sowie Patientenverfügungen zu fördern. Diese Dokumente legen fest, unter welchen Bedingungen jemand keine lebensverlängernden Maßnahmen mehr erhalten will. Vor allem sollten Christen immer wieder darauf hinweisen, so Frau Käßmann, daß das Leiden Teil des Lebens sei. Sonst verrenne man sich in ein Gesundheitsdogma, das Krankheit als Strafe mißverstehe. Auch im Blick auf die Bestattungen trat die Bischöfin für größeres kirchliches Engagement und mehr Kreativität ein. Es sei besorgniserregend, daß nichtkirchliche Bestattungen boomten und inzwischen über 500 freie Trauerredner in Deutschland aktiv seien. In Berlin sei der Anteil kirchlicher Beerdigungen in den letzten drei Jahren von 40 Prozent auf 35 Prozent zurückgegangen.

„Alarm“: Immer weniger kirchliche Bestattungen

Ein „Alarmzeichen“ sei, daß insgesamt nur noch 88 Prozent der evangelischen Kirchenmitglieder kirchlich bestattet werden. Manche private Trauerakademien seien vorbildlich, etwa wenn sie anböten, daß man sie jederzeit anrufen könne. Frau Käßmann fragt, ob die Kirche nicht besonders in Städten eine rund um die Uhr besetzte zentrale Servicetelefonnummer brauche. Hier lägen auch missionarische Chancen. „Eine Beerdigung, bei der ich glaubwürdig über unsere Hoffnung auf Auferstehung gesprochen habe, kann nicht nur trösten, sondern auch wahrhaftig Glaubenskraft weitergeben“, so Frau Käßmann.

Bestattungen für abgetriebene Kinder

Ein besonderes Anliegen ist ihr die Bestattung von Fehl- und Totgeburten und bei Abtreibungen. „Wenn wir im Rahmen der Gentechnologiedebatte erklären, in jedem Embryo sei ein Mensch vollständig angelegt, dann kann es auch keine Grammzahl geben, die über die Bestattung entscheidet.“ Frauen, die sich mit einer Abtreibung auseinandersetzen und darüber trauern, könnten sich über einen Gedenkplatz angesprochen fühlen. „Denn“, so die Bischöfin weiter, „wo finden sie einen Ort, der die Chance zur Trauer bietet inmitten der quälenden und oft vernichtenden Verurteilungen sowie dem eigenen Schuldbewußtsein?“ Von vielen Christen wünsche sie sich hier „mehr Liebe als Verachtung“.

Christen und Muslime glauben nicht an denselben Gott

Die Bischöfin ging auch auf das Gespräch mit Muslimen ein. Man müsse zu einem ehrlichen Dialog finden, der auch kritische Punkte anspreche. Ihr sei es beispielsweise nicht möglich zu erklären, daß Christen und Muslime an denselben Gott glauben. Einige Vertreter des „Arbeitskreises Islam“ der Landeskirche meinten, sie entziehe mit dieser Einstellung dem Dialog die Grundlage. Es helfe aber nichts, die Differenzen im Menschen- und Gottesbild der Religionen zu nivellieren. Frau Käßmann: „Es kann auch nicht angehen, daß wir in diesem Dialog von Gott abstrakt ohne Jesus Christus als Weg und Wahrheit sprechen.“
Folter ist „absolut inakzeptabel“

Ferner nahm die Bischöfin auch zu den Folterungen in amerikanischen Gefängnissen im Irak Stellung. Die Bilder von den Untaten vertieften das Zerwürfnis zwischen der westlichen und der islamischen Welt. Folter sei „grundsätzlich, absolut, ohne jede Einschränkung inakzeptabel“. Man könne nicht glaubwürdig mit der eigenen Kultur für Freiheit, Menschenwürde und Gerechtigkeit eintreten, wenn diese Kultur solch tiefe Demütigungen toleriere. Frau Käßmann forderte eine klare Verurteilung nicht nur der kleinen Leute, sondern auch der Verantwortlichen. Nötig seien offene Aufklärung und Zugang zu den US-Gefängnissen. Das gelte auch für den Stützpunkt Guantanamo auf Kuba, wo Terrorverdächtige über Jahre ohne Anklage festgehalten werden. Man müsse ein internationales Gewaltmonopol der Vereinten Nationen ausbauen.

Geistliche sind dafür ausgebildet, das Wort Gottes weiterzugeben

Im Blick auf die Zukunft der Kirche trat die Bischöfin dafür ein, der Weitergabe des Glaubens einen hohen Stellenwert einzuräumen. Dazu werde man die Pastorinnen und Pastoren besonders brauchen. Sie seien dafür ausgebildet, das Wort Gottes verantwortlich weiterzugeben. „Wie verstehe ich die Bibel? Wie gehe ich mit meinen Zweifeln um? Wie kann ich davon sprechen, daß mein Glaube mich trägt?“ – auf solche Fragen sollten sie glaubwürdig antworten können. Ferner gelte es, Seelsorge zu üben und Orte der christlichen Feier zu erhalten. In diesem Zusammenhang müsse man eindrucksvolle Kirchen als „Perlen der Frömmigkeit“ erhalten, sagte die Bischöfin, die am 3. Juni 46 Jahre alt wurde.

04. Juni 2004