EKD berät im Herbst über Position zu Türkei-Beitritt

Hannover (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) wird im Herbst ihre Position zum möglichen Beitritt der Türkei in die Europäische Union festlegen. Dies kündigte die EKD am Mittwoch in Hannover an. Zuvor werde sich der EKD-Rat nochmals mit dieser Frage befassen.

Zugleich begrüßte die EKD die von der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) angestoßene Debatte zu diesem Thema. Für die Entscheidung über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen seien die Stärkung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Türkei, Frieden und Stabilität in der Region sowie die Erweiterungsfähigkeit der EU von zentraler Bedeutung, so das Leitungsgremium der evangelischen Kirche.

Menschenrechte, Religionsfreiheit und die Frage der gemeinsamen Werte müssten dabei im Mittelpunkt stehen, so die EKD. Zur Menschenrechtssituation in der Türkei heißt es, trotz Reformen ließen Rechtsanwendung und Rechtspraxis in etlichen Bereichen zu wünschen übrig.

Der Zeitpunkt der für den Herbst angestrebten Entscheidung über Beitrittsverhandlungen sei kurz nach der EU-Erweiterung um zehn neue Mitglieder ungünstig, argumentiert die EKD-Stellungnahme weiter. Die 2004 vollzogene Erweiterung müsse zunächst stabilisiert werden, bevor weitere Beitritte angestrebt werden könnten.

Für die Entscheidung über eine EU-Mitgliedschaft der Türkei besteht aus Sicht des Rates der EKD das Kernproblem in dem religiös geprägten und historisch in den Gesellschaften verankerten unterschiedlichen Menschenbild. Deshalb sei zu klären, inwieweit dem türkischen Islam eine Europäisierung zugemutet werden könne. Ein solcher historischer Prozess der Annäherung könne nicht allein durch gesetzgeberisches Handeln entschieden werden.

In dem Diskussionspapier der KEK heißt es, die Türkei könne zwar das politische und wirtschaftliche Gewicht der EU weltweit stärken und ihren multikulturellen Reichtum erhöhen. Doch bestehe die Gefahr, dass dies zu Lasten von innerem Zusammenhalt und Stabilität geschehe.

Die Aufnahme der Türkei, die mit 70 Millionen Einwohnern zweitgrößter EU-Staat mit wachsender Bevölkerung wäre, könne eine derzeit nicht vorhersehbare Dynamik in der EU auslösen, wird weiter betont. Zudem verweist die KEK auf Unterschiede der demokratischen, kulturellen und religiösen Traditionen.

Zum Türkei-Beitritt will die EU-Kommission im Herbst eine Empfehlung geben. Im Dezember werden die EU-Staats- und Regierungschefs beschließen, ob und wann Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden.

07. Juli 2004