"Ist der liebe Gott evangelisch oder katholisch?"

Pastor sammelt Kindersprüche zu Konfessionen

Von Bernd Mayer

Bamberg (epd). «Ist der liebe Gott evangelisch oder katholisch?» Solche und ähnliche Fragen bewegen nicht wenige Kinder, wie der Bamberger Pfarrer Hartmut Press (64) beim Studium von 2.500 Kindersprüchen herausgefunden hat. Der Theologe, kirchlicher Spezialist für Humor und vielfacher Buchautor, ist dabei zu der Erkenntnis gekommen: Religiöse und konfessionelle Themen spielen bei Kindern eine außergewöhnliche Rolle.

Nicht alle bringen es auf einen so heiteren Nenner wie die siebenjährige Bianca: «Man erkennt einen Katholischen an seinem länglichen Kopf und einen Evangelischen an seinem runden.» Oft zeigen sich nach Beobachtung von Press auch tief sitzende Ängste und Verunsicherung. Als ein kleiner Protestant mit seinen katholischen Verwandten zur Vorabendmesse geht, zögert er plötzlich und sagt nachdenklich: «Und was machen wir, wenn sie uns erwischen?»

Manche Kinder zeigen freilich schon im Kindergarten konfessionelles Selbstbewusstsein. Als Alessandro seinen Freund Frederic anblafft: «Du bist wohl verrückt», kontert dieser: «Ich bin nicht verrückt, ich bin katholisch.» Staunend erleben vor allem die Kinder aus konfessionsverschiedenen Ehen die Unterschiede im Gottesdienst, wenn sie abwechselnd die Eltern begleiten.

Katholiken nehmen das Weihwasser, bekreuzigen sich und Knien nieder. Als die vierjährige Livie gefragt wird, wo es ihr besser gefalle, kommt die Antwort: «In der evangelischen Kirche, weil man in der katholischen mehr arbeiten muss.»

Wie ein roter Faden zieht sich durch die kindlichen Reaktionen ein großes Harmoniebedürfnis. «Die kirchliche Zerrissenheit empfinden manche als bedrohlich. So suchen sie nach einer Art Einheitsformel», merkt Pfarrer Press an. Dabei kommt es oft zu kuriosen Aussprüchen. So hat der evangelische Pfarrerssohn Martin nach einer Brotzeit beim katholischen Nachbarn die ökumenische Erkenntnis: «Das katholische Sauerkraut schmeckt aber auch so gut wie das evangelische.»

Nach jahrzehntelangem Sammeln von Kindersprüchen, das ihn sogar ins Guinness-Buch der Rekorde brachte, kommt der Bamberger Theologe zu dem Resümee: «Es lohnt sich, auf Kinder zu hören und sich mit ihrer unverstellten Sicht von Gott und der Welt zu befassen.» Für die Kleinen sei die konfessionelle Spaltung etwas Unnormales. Gleichsam als Beleg für diese These zitiert Press die sechsjährige Nina: «Opa ist evangelisch, Oma ist katholisch, die Mama ist katholisch und der Papa - der ist ganz normal...»

13. August 2004