EKD: "Härten müssen abgemildert werden"

Evangelische Kirche unterstützt die Sozialreformen - Huber hält Grundsatzrede

Von Wolfgang Plischke

Frankfurt a.M./Berlin (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) unterstützt die Sozialreformen der Bundesregierung. Das Hartz-IV-Gesetz mit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ab 2005 sei grundsätzlich ein «notwendiger Schritt», betont der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber. Doch zugleich fordert der Berliner Bischof, Härten abzumildern und den Übergang «menschenfreundlich» zu gestalten.

In einer sozialpolitischen Grundsatzrede in der Französischen Friedrichstadtkirche in Berlin will der EKD-Ratsvorsitzende am Donnerstag die Position der evangelischen Kirche erläutern. Er knüpft damit an seinen Vorgänger Manfred Kock an, der bereits im Mai vergangenen Jahres mit Blick auf knapper werdende Finanzmittel und die demographische Entwicklung mehr Mut zu Sozialreformen verlangt hatte. Zugleich befürwortete Kock damals Einschnitte und löste damit nicht nur Zustimmung an der kirchlichen Basis aus.

In den vergangenen Wochen hat Huber bereits in Interviews und Stellungnahmen seine Auffassung verdeutlicht. So sagte er in einem «Spiegel»-Interview, der Sozialstaat müsse zukunftsfähig gemacht werden: «Wir wollen, dass auch die nächste Generation das alles finanzieren kann.» Es sollte aber zum Beispiel Erleichterungen bei den Zuverdienstmöglichkeiten von Arbeitslosen geben, schlug er zugleich Korrekturen vor.

Ein wichtiges Anliegen ist es Huber auch, die Belastungen gerecht zu verteilen und das «reiche Viertel der Gesellschaft» nicht auszuklammern. So sieht er eine Diskrepanz, dass sich einerseits «Vorstände großer Konzerne verschwören, ihre Bezüge geheim zu halten» und andererseits ältere Arbeitslose «den letzten Cent ihres Lebensversicherungsbetrags» offen legen müssten.

Wie andere Kirchen-Repräsentanten nennt es Huber legitim, dass Menschen auf die Straße gehen und ihre Ablehnung der Sozialreformen bekunden. Zugleich verweist er auf Defizite der Politik, die Bürger auf dem Reform-Weg «mitzunehmen» und zu überzeugen. «Die Menschen müssen am Ende sagen können: Vieles an dem, was sich jetzt entwickelt, passt mir nicht, aber dass der Staat sich kümmert, das merke ich tatsächlich», so der oberste Repräsentant der rund 26,6 Millionen Protestanten in der Bundesrepublik.

Einig weiß sich Huber mit dem Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, der die Hartz-Reformen ebenfalls positiv beurteilt. Im Jahr 1997 hatten die evangelische und katholische Kirche bereits ein gemeinsames Sozialwort unter dem Titel «Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit» veröffentlicht, das in der Gesellschaft auf breite Resonanz stieß.

Der EKD-Arbeitslosenbeauftragte Ulf Claußen erinnert an die sozialethische Verpflichtung der Kirchen, sich für sozial Schwache einzusetzen. So sollte nicht einfach die Argumentation der Bundesregierung übernommen werden, angesichts der Finanzlage gebe es keine Alternativen, sagte er dem epd. Besonders betroffen von der Reform seien ältere Arbeitslose. Ihnen würden nach jahrzehntelanger Berufstätigkeit Leistungen auf Sozialhilfe-Niveau zugemutet, kritisiert Claußen.

Dazu sollte Huber eine «konsequente Position» beziehen, hofft der Arbeitslosenbeauftragte. Seine mit Spannung erwartete Rede will der EKD-Ratsvorsitzende unter das Motto «Um der Menschen willen. Welche Reform brauchen wir?» stellen.

28. September 2004