Evangelischer Theologe Eberhard Jüngel wird 70

Tübingen (epd). Der evangelische Theologe Eberhard Jüngel wird am Sonntag (5. Dezember) 70 Jahre alt. Der aus Magdeburg stammende Wissenschaftler lehrte von 1969 bis 2003 Systematische Theologie und Religionsphilosophie in Tübingen. Jüngel gilt als einer der herausragenden Vertreter seines Faches in der Gegenwart. Sein richtungsweisendes Werk «Gott als Geheimnis der Welt» wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt.

Jüngel war nach Promotion (1961) und Habilitation (1962) Dozent an der Kirchlichen Hochschule in Berlin-Ost und seit 1966 Professor an der Universität Zürich. 1987 übernahm er die Leitung des Evangelischen Stifts Tübingen, einer Ausbildungsstätte für Pfarrer.

Jüngel gibt unter anderem die «Zeitschrift für Theologie und Kirche» heraus. Der Theologe ist Träger des Großen Verdienstkreuzes mit Stern sowie hoher internationaler Auszeichnungen. 1992 wurde er zum Mitglied des Ordens Pour le Merite für Wissenschaften und Künste gewählt.

Mehr als 30 Jahre lang gehörte Jüngel der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an und stand der Kammer für Theologie der EKD vor. 2003 wurde er Leiter der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) in Heidelberg.

03. Dezember 2004

Der Stolz evangelisch zu sein - Der Tübinger Systematiker Eberhard Jüngel wird 70 Jahre alt

Von Rainer Lang (epd)

Tübingen (epd). Er möchte noch ein Buch über das ewige Leben schreiben. Der Tübinger Theologe Eberhard Jüngel kommt schließlich in ein Alter, in dem er das, «was mich erwartet genauer kennen will». Jüngel, der zu den bedeutendsten evangelischen Theologen der Gegenwart zählt, wird am Sonntag (5. Dezember) 70 Jahre alt. Seine Bücher sind Standardwerke, vor allem die in zahlreiche Sprachen übersetzte Publikation «Gott als Geheimnis der Welt».

Jüngel ist ein Meister des Worts. Bei seinen Predigten in der Tübinger Stiftskirche fesselt er die Zuhörer 45 Minuten lang. Er beschreibt Theologie als «Nachdenken über das, was uns vorgegeben ist in den Texten der Bibel». Darin findet er «die Wahrheit, die uns frei macht». So werden die biblischen Texte für Jüngel zur «Heimat» oder zum «Aufenthaltsort des Christen».

Er distanziert sich von «schlechter fundamentalistischer und kritischer Exegese». Bei der Auslegung legt Jüngel, der bis 2003 als Professor für systematische Theologie und Religionsphilosophie an der Universität Tübingen lehrte, die methodische Strenge der Philosophie an und pocht auf präzise und genaue Unterscheidungen.

Im Bewusstsein seiner eigenen geistigen Stärke verlangt er auch von der Kirche, dass sie selbstbewusster auftritt und Mission wieder als etwas Positives versteht im Sinn eines bekennenden Christentums. Er spricht vom «Stolz, evangelisch zu sein». Denn dazu gehöre das «herrliche Bewusstsein, dass ein glaubender Mensch ein freier, ein von Gott befreiter Mensch ist». Zugleich fordert er weitere Schritte in der Ökumene. Doch dafür sei ein «langer, langer Atem» nötig.

Der vielfach ausgezeichnete Theologe ist Mitglied des Ordens Pour le Merite für Wissenschaften und Künste sowie mehrerer in- und ausländischer Akademien. Bevor der aus Magdeburg stammende Jüngel 1969 nach Tübingen kam, war er ab 1965 Rektor der Kirchlichen Hochschule in Ost-Berlin. 1966 ging er an die Universität Zürich.

Mehr als 30 Jahre lang war Jüngel in der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und auch Vorsitzender der Kammer für Theologie der EKD. Seit 1987 leitet er das Evangelische Stift in Tübingen, eine Ausbildungsstätte für Pfarrer. Unter seiner Leitung steht auch die Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) in Heidelberg. Jüngel wünscht sich, dass «das Kind in mir wach bleibt». Denn aus dem Staunen über Gottes Offenbarung fließe theologische Erkenntnis.

03. Dezember 2004