Bischof Huber: Patriotismusbegriff "ziemlich unglücklich"

Baden-Baden (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, hat sich skeptisch über den Nutzen des Begriffs Patriotismus für die deutsche Gesellschaft geäußert. Er halte den Ausdruck für «ziemlich unglücklich», sagte Huber in einem Interview des Südwestrundfunks (Baden-Baden) vom Freitag. Worauf es in der pluralen Gesellschaft eigentlich ankomme, sei weniger Vaterlandsliebe als vielmehr universale Werte. Der Berliner Bischof bezog sich auf eine CDU-Parteitagsinitiative. Unionspolitiker hatten zu Patriotismus aufgerufen, um Wirtschaft und Reformen anzukurbeln.

Die Vorstellung, aus Patriotismus auf Sozialleistungen zu verzichten, leuchte ihm nicht ein, sagte Huber. Von Millionen in Deutschland lebenden Türken würden die gleichen Leistungen erwartet wie von den Deutschen, gab der Bischof zu bedenken. Er rate daher zu überlegen, was die Rede vom Patriotismus für Ausländer bedeute, die in Deutschland langfristig leben wollten.

Bei den Sozialleistungen gehe es darum, Selbstbeschränkung um der nächsten Generation willen zu üben. Es gebe einen Bedarf an Zukunftsgewissheit in Deutschland, daher müssten Grundwerte des Zusammenlebens gestärkt werden, so Huber. Zu den universalen und christlichen Werten zählten Achtung vor der Würde des Anderen, Respekt vor der Gleichberechtigung von Männern und Frauen, Gewaltverzicht, Nächstenliebe und Solidarität.

Er werte den Begriff des Patriotismus nicht ab, betonte Huber. Patriotismus bedeute, dass jemand sein eigenes Vaterland achte und zugleich auch die Vaterländer der anderen. Das unterscheide ihn vom Nationalismus. Dennoch könne es geschehen, dass manche durch den Begriff «fehlgeleitet» würden. Die Kirchen sollten nach Ansicht Hubers daran erinnern, dass heute «nicht so sehr die vaterländischen Werte», sondern die christlichen wichtig seien.

10. Dezember 2004