EKD-Ratsvorsitzender stellt Empfehlung für Patientenverfügungen vor

Berlin (epd). In einer Stellungnahme zu Patientenverfügungen räumt die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) dem Selbstbestimmungsrecht von Patienten einen hohen Stellenwert ein. Der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber, sagte am Montag in Berlin, recht verstandene Fürsorge schließe die Achtung vor der Selbstbestimmung ein. Kern der evangelischen Überlegungen zum Umgang mit Patientenverfügungen sei, eine «Balance zwischen Fürsorge und Selbstbestimmung» zum Maßstab ethischen Handelns zu machen.

Huber stellte eine neue EKD-Schrift mit dem Titel «Sterben hat seine Zeit» vor. Diese soll als Beitrag zur aktuellen Debatte über Patientenverfügungen zur medizinischen Behandlung am Lebensende auch allen Bundestagsabgeordneten zugehen. Die EKD wolle keine Vorschläge zur Gesetzgebung machen, aber den ethischen Rahmen abstecken, sagte der oberste Vertreter von 25,8 Millionen Protestanten.

Zugleich kritisierte der EKD-Ratsvorsitzende den Umgang der US-Regierung mit der Wachkoma-Patientin Terri Schiavo: «Es ist schwer nachvollziehbar, dass über einen Einzelfall der Gesetzegeber entscheidet. In Deutschland würde man einen Richter anrufen», so Huber. Das Dilemma im Fall Schiavo bestehe darin, dass keine Willenserklärung der Patientin selbst vorliege. US-Präsident George Buch hatte in der Nacht ein Gesetz unterzeichnet, wonach ein Bundesrichter die Entscheidung, Schiavo nicht länger künstlich zu ernähren, wieder aufheben kann.

Die EKD empfiehlt eine schriftliche oder anders dokumentierte Form für Patientenverfügungen, etwa durch ein Video. Aus evangelischer Sicht sollen die Verfügungen nicht nur bei tödlich verlaufenden Krankheiten, sondern auch in anderen, eng begrenzten Fällen wirksam werden können. Damit geht sie über die Empfehlungen der Bundestags-Enquete-Kommission zur Medizinethik hinaus. Dies könne etwa gelten für einen unheilbar kranken Lungenkrebs-Patienten, der verfüge, dass Metastasen im Hirn nicht operativ entfernt werden sollten, sagte Huber.

Der EKD-Ratsvorsitzende betonte, dass kein Gesetz den Patienten, Ärzten, Angehörigen oder Betreuern Entscheidungen abnehmen könne. Auch in den geplanten gesetzlichen Regelungen müsse immer Raum für Ermessensentscheidungen bleiben. Nach Möglichkeit sollten Ärzte, Angehörige, Seelsorger und Betreuer gemeinsam Entscheidungen treffen. Mindestens so wichtig wie eine Patientenverfügung könne es im Übrigen sein, frühzeitig eine Vertrauensperson zu bestimmen, die durch eine Vorsorgevollmacht das Recht erhalte, Entscheidungen im Sinne des Patienten zu treffen.

Huber betonte, dass die beiden Kirchen seit 1999 christliche Patientenverfügungen herausgeben, die bereits 1,5 Millionen Menschen genutzt hätten. Bisher befinde man sich mit diesen Verfügungen aber in einer rechtlichen Grauzone.

21. März 2005