Wie katholisch wird der nächste Papst?

Protestanten hoffen auf mehr Ökumene im Vatikan - Papstamt bleibt für Evangelische «unannehmbar»

Von Stephan Cezanne

Frankfurt a.M. (epd). Auch der nächste Papst ist wieder katholisch - so viel steht fest. Viele Protestanten erhoffen sich jedoch ein weniger traditionell-konservatives neues Kirchenoberhaupt, als es Johannes Paul II. zu seinen Lebzeiten war. Das zu Ende gegangene 26-jährige Pontifikat des Polen hat zwar die Weltpolitik geprägt und den Dialog mit Islam und Judentum gefördert, sind sich viele Historiker einig. Die ökumenischen Beziehungen zu evangelischen und orthodoxen Kirchen sind heute jedoch teils schwer belastet.

Es sei fraglich, ob sich die Situation unter einem neuen Papst ändert, äußert sich skeptisch der frühere Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Konrad Raiser. Die Ökumene befinde sich zurzeit in einer festgefahrenen Situation. Dies sei vor allem auch Folge der jahrelangen restriktiven Linie des Vatikans. Raiser nannte als Beispiel die durch Johannes Paul II. enttäuschten Hoffnungen vieler evangelischer Christen auf ein gemeinsames Abendmahl. Auch in den orthodoxen Kirchen herrsche eine anti-ökumenische Stimmung.

Die Ökumene insgesamt müsse risikofreudiger werden, sagt der amtierende ÖRK-Generalsekretär, der Kenianer Sam Kobia. Die Sorge um die Selbsterhaltung verleite zurzeit alle Kirchen dazu, ihre Strukturen allein darauf auszurichten, das eigene «Überleben zu gewährleisten».

Dennoch erwartet der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, vom künftigen Papst Fortschritte in der Ökumene. Er hoffe, dass die Verständigung über die Frage des gemeinsamen Abendmahls mit einem neuen Papst weiterkommt. Während die evangelische Kirche alle getauften Christen zum Abendmahl einlädt, lehnt die katholische Kirche eine Öffnung der Eucharistiefeier für alle ab. Johannes Paul II. hatte dies in seiner Abendmahls-Enzyklika kurz vor Ostern 2003 noch einmal zementiert.

Die Stellung der Frau in der katholischen Kirche müsse von einem neuen Kirchenoberhaupt reformiert werden, fordert die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann. Die Ökumene-Expertin beklagt, dass Frauen im Katholizismus nach wie vor nicht zu Priesterinnen ordiniert werden und ihnen die Empfängnisverhütung verboten wird. Solche Einschränkungen der Frauenrechte würden der evangelischen Kirche häufig mit angelastet.

Der neue Papst soll die Ansätze des Zweiten Vatikanischen Konzils fortführen, wünschen sich Walter Schöpsdau und Reinhard Thöle vom Konfessionskundlichen Institut der evangelischen Kirche im südhessischen Bensheim. Rom hatte sich damals in den 60er Jahren gegenüber der modernen Welt und der Ökumene geöffnet. Auch heute müsse im interkonfessionellen Dialog die Abgrenzung überwunden und «die befreiende Macht des gegenwärtigen Christus» gemeinsam bekannt werden, sagten die evangelischen Theologen dem epd.

Das katholische Reformkonzil hatte vor 40 Jahren festgestellt, dass auch in anderen Kirchen der Geist Christi wirksam ist. Auf dieser Basis müsse ein «differenzierter Konsens» in den verschiedenen Kirchenlehren gefunden werden, bekräftigen die renommierten Ökumene-Experten. Durch einen solchen ersten Schritt würde ein neuer Papst es den evangelischen Kirchen zugleich schwer machen, in einem «selbstgefälligen ökumenischen Status quo zu verharren» oder sich allein über die Ablehnung alles Katholischen zu profilieren.

Rolle und Funktion jedes Papstes seien für Protestanten allerdings «unannehmbar», so der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Hans Christian Knuth (Schleswig), in einer Bilanz des Pontifikats von Johannes Paul II. Wie der Chef von rund zehn Millionen Lutheranern in Deutschland unterstreicht, bleiben der päpstliche Anspruch, Stellvertreter Jesu Christi zu sein, das unfehlbare Lehramt und die uneingeschränkte Rechtsvollmacht über seine Kirche Barrieren zwischen den Kirchen.

08. April 2005