Bundestag debattiert über geplanten Werteunterricht in Berlin

Berlin (epd). Der geplante Werteunterricht in Berlin wird nun auch den Bundestag beschäftigen. Die Unionsfraktion habe nach diesem "aggressiven Akt gegen Religion in unserer Gesellschaft" eine Aktuelle Stunde beantragt, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Norbert Röttgen am Dienstag in Berlin. Die Berliner CDU kündigte eine Klage vor dem Landesverfassungsgerichtshof an, sobald ein Gesetzentwurf zum Werteunterricht in das Parlament eingebracht worden ist.

Ein verpflichtendes Wertefach ohne Abwahlmöglichkeit zugunsten eines Religionsunterrichtes sei mit dem Grundgesetz und dem Recht auf freie Religionsausübung nicht vereinbar, erklärte der CDU-Landesvorsitzende Joachim Zeller. Der Staat dürfe nicht die religiösen Bildungsinhalte in den Schulen bestimmen.

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) äußerte unterdessen erneut verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Einführung eines staatlichen Wertefachs. Der Staat sei verpflichtet, die Religionsfreiheit zu garantieren und das Elternrecht zu respektieren, sagte Thierse der "Berliner Morgenpost". Allerdings müsse nun erst einmal abgewartet werden, welche Festlegungen über Inhalte, Lehrpläne und Lehrkräfte für das künftige Fach getroffen werden.

Der Berliner Landesverband der SPD hatte am Wochenende beschlossen, vom Schuljahr 2006/2007 an Lebenskunde/Ethik/Religionskunde von der siebten Klasse an für alle Schüler als Pflichtfach einzuführen. Zudem soll das Fach nicht zu Gunsten von Religionsunterricht abgewählt werden können. Der von den Kirchen und Religionsgemeinschaften verantwortete Unterricht bleibe ein freiwilliges Angebot.

Der Beschluss stößt nicht nur in der CDU, sondern auch in der Bundes-SPD auf heftige Kritik. Die Berliner Sozialdemokraten unterschätzten offensichtlich die Bedeutung des Religiösen, schrieb der Außenpolitiker Karsten Voigt in einem Gastbeitrag für die "Berliner Zeitung". Das Abdrängen des Religionsunterrichtes in die Privatsphäre werde die Integration unterschiedlicher religiöser Gruppen in die Gesellschaft nicht fördern.

Eine Klage gegen den Werteunterricht hält der Berliner Verfassungsrechtler Bernhard Schlink für aussichtslos. "Es macht überhaupt keinen Sinn, zu klagen", sagte er dem Berliner "Tagesspiegel". Das Grundgesetz zwinge Berlin nicht zu einem Wahlpflichtmodell, so Schlink. Er riet den Kirchen, an dem neuen Lehrplan mitzuarbeiten und sich nicht "trotzig zu verweigern".

12. April 2005