Kirchentag als Zeichen gegen die Depression der Zeit

Hannover (epd). Der 30. Deutsche Evangelische Kirchentag soll nach den Worten seines Präsidenten Eckhard Nagel ein Zeichen gegen die Depression der Zeit setzen. Das Christentreffen sei ein Signal der Zuversicht für das Land, sagte Nagel vor der Eröffnung des Kirchentages am Mittwoch in Hannover.

Der Mediziner hob vor allem die Bedeutung des Kirchentag-Leitworts "Wenn dein Kind dich morgen fragt..." hervor. "Dieser Satz aus dem 5. Buch Mose macht deutlich, wie wichtig es ist, seine Wurzeln zu kennen und die Gegenwart zu verstehen, um die Zukunft zu gestalten." Fragen sei Ausdruck der Suche nach Wahrheit, Glauben und Toleranz.

Nagel rief zu einer "Kultur des Fragens" auf. Diese lebe vom Dialog der Generationen, Nationen und Religionen. Dazu gehöre unter anderem der Verzicht auf starre Bilder und unfehlbare Antworten. "Auch die aktuelle politische Diskussion in unserem Land wird sich wohl mehr darauf ausrichten, die aufgeworfenen Fragen zu präzisieren und gegebene Antworten nicht als Dauerlösung zu vermitteln", sagte Nagel.

Da Spitzenvertreter der Bundesregierung und der Opposition sich auf dem Kirchentag angekündigt hätten, werde der bevorstehende Bundestagswahlkampf in Hannover sicherlich eine Rolle spielen, so der Mediziner. Dabei erwarteten die Kirchentags-Teilnehmer von den Politikern aber keine vereinfachenden, sondern differenzierte Diskussionsbeiträge.

Die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann betonte, dass die Kirche angesichts sinkender Mitliederzahlen und Kirchensteuereinnahmen vor großen Herausforderungen stehe. "Da ist Mut zur Zukunftsplanung gefordert, Entschlossenheit zum Handeln und auch ein gewisses Gottvertrauen."

Der Kirche stehe ein schmerzhafter Prozess bevor, sagte Käßmann: "Von manchem werden wir uns verabschieden müssen." Auch in Zukunft werde es aber lebendigen Glauben und neue Initiativen geben. Die Kirche habe Energie zur Gestaltung in schwieriger Zeit. Den Kirchentag sehe sie in diesen Tagen vor allem als Fest der Ermutigung.

Zu der Großveranstaltung, die bis Sonntag dauert, haben sich nach Angaben von Organisationsleiter Tilman Henke 105.000 Dauerteilnehmer angemeldet. In den kommenden Tagen stehen mehr als 2.500 Veranstaltungen zu Fragen von Glauben, Ethik und Politik auf dem Programm. Zur Eröffnungsfeier am Abend hatten sich unter anderen Bundespräsident Horst Köhler, Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) und Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) angesagt.

25. Mai 2005