Kirchliche Notfallseelsorge bei Großeinsätzen gefragt

Airport-Pfarrerin am Düsseldorfer Flughafen im Einsatz

Von Andreas Rehnolt (epd)
Düsseldorf (epd). Brennendes Kerosin, dichter Qualm, verstreute Gepäckstücke und Trümmer von Triebwerken - Katastrophenübung am Düsseldorfer Flughafen. In der echt wirkenden Kulisse proben mehr als 300 Einsatzkräfte von Flughafenfeuerwehr, Bundesgrenzschutz, Polizei und Rettungsdiensten einen Großeinsatz. Als Leicht- und Schwerverletzte geschminkte Passagiere und Besatzungsmitglieder müssen aus einer brennenden Maschine einer US-Airline gerettet werden. Auch ein Team christlicher Notfallseelsorger ist an der realistisch gestalteten Einsatzübung beteiligt.

Die evangelische Pfarrerin Antje Reichow, Notfallseelsorgerin am Düsseldorfer Flughafen, und elf weitere Kollegen bilden bei dieser Übung ein Team. Reichow war schon bei den heimkehrenden Opfern der Tsunami-Flutkatastrophe in Südostasien und im Zusammenhang mit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 am Flughafen im Dienst. Die Direktbetreuung von Verletzten am Unfallort stellt die speziell geschulten Theologen vor neue Herausforderungen.
Es dauert nur wenige Minuten, bis Löschfahrzeuge und Rettungswagen bei dem Flugzeug am Rand des Rollfeldes ankommen. Während die Flammen gelöscht werden, steigen Sanitäter und Rettungskräfte in die Maschine und holen zunächst die unversehrt gebliebenen Passagiere und die Leichtverletzten auf festen Boden. Dort werden sie nach einer kurzen medizinischen Erstversorgung zur Betreuungsstelle im Flughafengebäude gebracht. Nun kommen Antje Reichow und die übrigen Notfallseelsorger zum Zug.

Reichow berichtet anschließend, dass sie Kontakte mit Angehörigen der Passagiere, unverletzt Gebliebenen und Mitgliedern der Rettungsteams hatte. "Bei den Angehörigen waren Eltern da, die ihr sieben Jahre altes Kind vermissten", erzählt die Pfarrerin. Außerdem gab es eine hochschwangere Frau, die ihren Mann abholen wollte. Sie berichtet auch von Menschen, die völlig verwirrt umherirrten, ihren Namen nicht mehr wussten oder einfach nur Wortfetzen stammelten.

All diese Menschen wollten getröstet und versorgt werden, berichtet Reichow. Und sie spricht auch von Verletzten, "die wirklich Angst hatten oder Panik vor dem Tod". Die engagierte Pfarrerin hat schon einmal vor zwei Jahren eine Flugunfall-Übung mitgemacht, und sie findet das Szenario durchaus real. Allerdings beklagt sie, dass bei der jüngsten Flugunfall-Übung auf Deutschlands drittgrößtem Flughafen Düsseldorf nicht geübt wurde, auf Sterbende einzugehen.

Bei ihren zahlreichen Echt-Einsätzen, etwa im Zusammenhang mit den Tsunami-Überlebenden, konnte Reichow wichtige Erfahrungen sammeln und bei der Übung ihren Kollegen weitergeben. Bei den Menschen, die allein bleiben wollten, habe sie ihren Kollegen gesagt: "Wachsam sein!" Oft seien es gerade diese Personen, die Hilfe bräuchten. Genau wie die, die zunächst "völlig emotionslos und still" seien. "Die sind froh, wenn einfach nur jemand bei ihnen sitzt, nichts problematisiert und ihnen vielleicht nur ein Glas Wasser anbietet."

Zehn bis zwölf mal im Jahr gibt es am Flughafen Düsseldorf Fälle von angekündigten Notlandungen, die bislang alle glimpflich und ohne Personenschäden abliefen. Doch auch die Flughafenfeuerwehr und die Airport-Verantwortlichen sind sich darüber im Klaren, dass groß angelegte Unfallübungen wichtig sind. Übungsleiter David Herimann lobt am Ende alle Beteiligten für ihren Einsatz. Und Antje Reichow berichtet, dass auch die eingesetzten Rettungskräfte froh waren, in den anderen Notfallseelsorgern Gesprächspartner gehabt zu haben. "Je nachdem, was die an der Maschine für Opfer geborgen haben, brauchen auch die Helfer Hilfe", sagt die Pfarrerin.

12. August 2005