EKD-Ratsvorsitzender mahnt ethisches Handeln in der Wirtschaft an

Frankfurt a.M. (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, hat im Blick auf den Wahlkampf die Politiker an ihre hohe ethische Verantwortung erinnert. So sei in dem TV-Duell zwischen der Kanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) und Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zwar viel über steuerpolitische Details gesprochen worden, aber wenig über das «Zukunftsbild unserer Gesellschaft», sagte der Berliner Bischof am Mittwoch auf einer Tagung des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer in Frankfurt am Main.

Huber beklagte zudem, dass wichtige wirtschaftliche Entscheidungen wie zum Beispiel der geplante Abbau von offenbar 14.000 Arbeitsplätzen bei VW angekündigt würden, «ohne dass der ethische Horizont solcher Entscheidungen ausgeleuchtet wird». Es gebe kein wirtschaftliches Handeln, «das nicht direkt oder indirekt ethische Implikationen hat und auf ethischen Grundsatzentscheidungen beruht», fügte der oberste Repräsentant von rund 26 Millionen Protestanten hinzu.

Zur geplanten Reform des Steuerrechts sagte Huber, Steuern seien auch aus ethischer Sicht wichtig, weil sie dem Staat die für seinen Dienst notwendigen finanziellen Ressourcen zuführen. Sie sollten so verständlich und nachvollziehbar organisiert werden, dass der Einzelne sie begreifen und mittragen könne. Die besondere Lage und der besondere Beitrag von Ehen, Familien und Kindern müssten ausreichend Berücksichtigung finden und eine faktische Besteuerung nach Leistungsfähigkeit müsse gewährleistet sein.

In diesem Zusammenhang warnte der Bischof vor einem weiteren Einbruch der Kirchensteuern. Dies würde nicht nur einzelne kirchliche Handlungsfelder, sondern die Kernaufgaben der Kirche insgesamt treffen. Huber: «Es liegt vielmehr in unserem gemeinsamen Interesse, dass die Kirchen auch in Zukunft in der Lage sind, die von ihnen wahrgenommenen Aufgaben finanziell angemessen auszustatten.»

Reichtum müsse zum Wohl aller genutzt werden, führte Huber nach einem dem epd vorliegenden Redetext weiter aus. Dies gelte auch für die wirtschaftliche Globalisierung. Finanzkapital dürfe nicht «gänzlich anonymisiert» und ohne Rücksicht auf die betroffenen Menschen um den Globus kreisen. Es gehe um die Frage, «ab welchem Punkt wir die Konzentration des Reichtums und damit der Gestaltungsmöglichkeiten in der Hand weniger als ethisch problematisch oder gar als gefährlich für den sozialen Frieden ansehen müssen».

Bei aller Globalisierung sei es offenkundig nötig, dass «die Wirtschaft einen realen Bezug zu den Menschen, zu dem Land, zu den Räumen und Zeiten behält, in denen sie sich vollzieht», so Huber weiter. Die meisten spürten, «dass Konsum allein nicht Halt gibt, dass Wirtschaft allein nicht Sinn schenkt, dass Funktionieren allein nicht Bedeutung verleiht». Die Religion sei hier eine Alternative zur rein kommerziellen Reduktion der menschlichen Seele.

07. September 2005