Wechsel im Amt des lippischen Landessuperintendenten

Detmold/Hannover (epd). Mit einem Festgottesdienst wird am Samstag in Detmold der neue Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche, Martin Dutzmann, in sein Amt eingeführt. Der 49-jährige Remscheider Superintendent war vor einer Woche zum Nachfolger von Gerrit Noltensmeier (64) gewählt worden, der am Samstag in den Ruhestand verabschiedet wird. Als Gäste werden unter anderen der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, und NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) erwartet.

Huber würdigte am Mittwoch die Verdienste Noltensmeiers, der weiterhin dem Rat der EKD angehören wird. Der Theologe lasse sich «in seiner Arbeit von der Nähe zu den Menschen und von der Bindung an das Evangelium, vom Ergriffensein durch Christus selbst leiten», erklärte Huber in Hannover. Mit unverwechselbarer Formulierungskunst verleihe er dem reformatorischen Glauben verbindlich und offen zugleich Ausdruck.

Der westfälische Präses Alfred Buß erklärte, Noltensmeier habe sich «mit seiner theologischen Kompetenz, seiner Sorgfalt und Präzision großes Ansehen erworben», auch in der gesamten EKD. Noltensmeier stand seit 1996 an der Spitze von rund 200.000 Protestanten in 71 reformierten und lutherischen Gemeinden.

21. September 2005

PORTRÄT

Reformierter Vordenker mit protestantischem Arbeitsethos

Lippischer Landessuperintendent Noltensmeier geht in den Ruhestand

Von Holger Spierig

Detmold (epd). Gerrit Noltensmeier ist ein Meister des theologisch tief schürfenden Wortes. Seine geschliffenen und gehaltvollen Reden, für die er in aller Regel kein Manuskript braucht, haben dem evangelischen Theologen weit über die Grenzen seiner kleinen Lippischen Landeskirche hinaus Achtung und Gehör verschafft. Nicht zuletzt im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), wo der 64-Jährige als Sachwalter der Reformierten auftritt. Nach neun Jahren an der Spitze der lippischen Kirche wird Noltensmeier am Samstag in Detmold in den Ruhestand verabschiedet.

Damit gehe «einer der letzten einer Generation, die ihre Sache mit protestantischem Arbeitsethos angehen», sagt der künftige Generalsekretär des Reformierten Bundes, Jörg Schmidt. Der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber würdigte Noltensmeiers «unverwechselbare Formulierungskunst», mit der er «dem reformatorischen Glauben verbindlich und offen zugleich Ausdruck» verleihe.

Für seine «außergewöhnliche Sensibilität und Sprachkraft», mit der er das Evangelium hörbar mache, erhielt der Repräsentant von 200.000 evangelischen Christen in diesem Jahr die Ehrendoktorwürde der Universität Münster. Es gehe Noltensmeier darum, biblische Texte als Basis des Handelns zu begreifen und auf aktuelle Fragen zu beziehen, so Schmidt. Noltensmeier liebe klare und eindeutige Aussagen, «und notwendigem Streit gehen Sie nicht aus dem Weg», schrieb ihm sein Amtsvorgänger Ako Haarbeck ins Stammbuch.

Das geistliche Wort gehört für Noltensmeier nicht nur hinter Kirchenmauern, sondern auch in die sozialethischen Debatten der Gesellschaft. So fand der Theologe in seiner ruhigen, ausgewogenen Art klare Worte für den Schutz des Sonntags oder gegen den Irak-Krieg. In den vergangenen Jahren warnte er davor, dass die wachsende Kluft zwischen Besitzenden und Verarmten den sozialen Frieden gefährde.

Zwölf Jahre lang vertrat der 1941 in Wien geborene Noltensmeier, der in Lippe aufwuchs, die lippische Kirche in der EKD-Synode, ehe er 2003 in den Rat der EKD gewählt wurde. Dort versteht er sich stärker als seine Vorgänger als Anwalt reformierter Interessen. Es gehe ihm aber nie um konfessionalistische Abgrenzung und Enge, sondern um «das Prinzip der versöhnten Verschiedenheit, in dem der Reichtum und die Vielfalt des Protestantismus zur Geltung kommen», erklärt der westfälische Präses Alfred Buß.

Kirchenpolitisch unterstützte Noltensmeier daher die Annäherung durch den Prozess einer Strukturreform in der evangelischen Kirchen. «Wir sind da in den letzten Jahren in einer Weise vorangekommen, die man sich nicht erträumt hätte», sagt er. Auch in der Ökumene erlebte Noltensmeier, wie wichtig der Blick über den Tellerrand ist.

Den weiteren Weg seiner Kirche will Noltensmeier mit etwas Abstand verfolgen. Ab und an werde er vielleicht noch einmal auf eine Kanzel steigen und zunächst im EKD-Rat aktiv bleiben. Der verheiratete Vater von drei Kindern freut sich aber auch auf Zeit für Literatur, Theater- und Opernbesuche. Vielleicht wird sich der leidenschaftliche Wanderer auch einen lang gehegten Wunsch erfüllen und auf dem Jakobsweg ins nordspanische Santiago de Compostela pilgern.

21. September 2005