Umgang mit Vertreibung ist Prüfstein im Verhältnis zu Polen

Berlin (epd). Der Umgang mit dem Thema Vertreibung ist nach Ansicht des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, der Prüfstein im deutsch-polnischen Verhältnis. Die deutsche Verantwortung im Zweiten Weltkrieg dürfe nicht relativiert werden, sagte der Berliner Bischof am Mittwochabend bei einer Tagung der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung, der Evangelischen und der Katholischen Akademie in Berlin. Anlass war der 40. Jahrestag der kirchlichen Versöhnungsinitiativen zwischen Deutschland und Polen.

Eine Zukunft der deutsch-polnischen Beziehungen «unter Ausklammerung der Geschichte» werde es nicht geben, so Huber. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die gemeinsame Erklärung von EKD und Polnischem Ökumenischem Rat zum 40. Jahrestag der "Ostdenkschrift". Darin werde versucht, durchaus Einfühlungsvermögen für die von der Vertreibung Betroffenen zu zeigen. Zugleich betonten die Kirchen, dass "das Erinnern in den Dienst einer gemeinsamen Zukunft tritt, das heißt, in den Dienst der Versöhnung". Für die EKD und die polnischen Kirchen sei deshalb nur eine gemeinsame europäische Initiative zur Erinnerung vorstellbar. Beide Seiten lehnten ein "isoliertes Zentrum gegen Vertreibungen" in Berlin ab, sagte Huber.

Auch anderen Podiumsteilnehmer, darunter der Historiker Heinrich August Winkler, kritisierten die Pläne der Vertriebenen-Organisation.
Die Warschauer Sonderbeauftragte für deutsch-polnische Beziehungen, Irena Lipowicz, äußerte die Hoffnung, dass das Zentrum nicht offizielle Linie der neuen Bundesregierung werde. Sie forderte eine engere Zusammenarbeit beider Länder. Die Kirchen hätten mit ihren Versöhnungsinitiativen den Deutschen und Polen vor 40 Jahren einen Schatz geschenkt. "Pflegen wir das weiter, was wir damals bekommen haben", empfahl Lipowicz.

20. Oktober 2005