Kirchen begrüßen ihre Rolle als Partner im Koalitionsvertrag

Berlin/Bonn (epd). Die Kirchen haben trotz vereinzelter Kritikpunkte die Koalitionsvereinbarung von Union und SPD begrüßt. Evangelische und katholische Kirche würden in dem Papier als wichtiger Partner genannt, sagte der Bevollmächtigte der Evangelischen Kirche in Deutschland, Stephan Reimers, in einem epd-Gespräch in Berlin. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Hans Joachim Meyer, zeigte sich vor allem mit den Vereinbarungen zur Familienpolitik zufrieden.

Es sei gut, dass die Kirchen bei Fragen der Integration von Ausländern und beim Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus als Dialogpartner der Politik genannt würden, so Reimers. Auf diesem Gebiet hätten die Kirchen reiche Erfahrung. Das gleiche gelte für die Debatte über den EU-Verfassungsvertrag und die EU-Erweiterung.

Reimers drückte seine Hoffnung aus, dass die große Koalition die Staatsverschuldung und Haushaltssanierung wirklich angehe. Mit Blick auf die kommenden Generationen sei es besonders wichtig, dass der Schuldenberg abgetragen werde. Hier könne eine große Koalition vielleicht mehr erreichen, weil sie im Bundesrat nicht blockiert werde.

Zufrieden äußerte sich der Prälat über die Koalitionsvereinbarungen zur Entwicklungshilfe. Es sei zu begrüßen, dass trotz der schwierigen Haushaltslage die große Not in der Welt nicht ignoriert werde. Er gehe davon aus, dass auch die kirchlichen Hilfswerke von der angekündigten Steigerung des Entwicklungsetats profitierten.

Bedenken zeigte Reimers angesichts der Föderalismusreform. Wenn der Strafvollzug ganz in die Kompetenz der Länder gehe, habe er die Sorge, dass aus Kostengründen die Qualitätsstandards in den Gefängnissen gesenkt werden könnten. Ebenso kritisierte Reimers die Entscheidungen zum Ladenschluss. Der Schutz der Sonn- und Feiertage müsse weiterhin bundeseinheitlich geregelt werden.

Zentralkomitee-Präsident Meyer begrüßte bei der ZdK-Vollversammlung in Bonn vor allem die Einführung eines Elterngeldes, das Eltern nach der Geburt eines Kindes helfen soll. Meyer lobte auch die Absicht der künftigen Bundesregierung, entschiedener gegen Frauenhandel und Zwangsprostitution vorzugehen.

"Ausdrücklich begrüßen wir alles, was über den Schutz des Lebens gesagt wird", sagte Meyer mit Blick auf die Vereinbarungen der künftigen Regierungskoalition zur verstärkten Hospizarbeit. Er bezog sich dabei auch auf die Chancen und Risiken von regenerativer Medizin und Schritte, Spätabtreibungen zu vermeiden. Zugleich kritisierte Meyer, dass die Aufgabe des Staates zum Schutz menschlichen Lebens nicht schon in der Präambel des Koalitionsvertrages stehe.

Die Kirchen und ihre Verbände seien bedeutende Mitgestalter der Reformen, sagte der Kirchenbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hermann Kues. Sie hätten sich schon bisher als wichtige gesellschaftliche Kraft in der Diskussion um notwendige Reformen eingebracht. Auch in Zukunft werde ihre Stimme gehört werden, wenn um es um Themen wie werteorientierte Erziehung, Integration, Lebensschutz und Entwicklungspolitik gehe. Die Sensibilität der großen Koalition für benachteiligte Gruppen, Familien und Migranten sei auch ein Ergebnis des partnerschaftlichen Wirkens der Kirchen.

18. November 2005