Kirchen begrüßen Merkels Aussagen zum Dialog der Religionen

Berlin (epd). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist in ihrer ersten Regierungserklärung ungewohnt deutlich auf den Dialog der Religionen eingegangen. Dem Gespräch mit dem Islam komme eine besondere Bedeutung zu, sagte Merkel am Mittwoch im Bundestag. Es sei aber auch wichtig, die eigene Religion ausreichend zu verstehen. Einen Dialog könne nur führen, wer zur eigenen Kultur stehe. Differenzen sollten eindeutig benannt werden, forderte die Kanzlerin.

Der Ratsvorsitzende der Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, begrüßte Merkels Äußerungen. Die Bundeskanzlerin habe allen Tendenzen widersprochen, kulturelle und religiöse Unterschiede als Ansatzpunkt zur Bildung von Parallelgesellschaften zu benutzen. Das Gespräch zwischen den Kirchen und Religionsgemeinschaften setze voraus, dass Christen ihre eigene religiöse Heimat besser verstünden und in ihr zu Hause seien, um sich an diesem Gespräch beteiligen zu können. Huber sagte wörtlich:

"Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in ihrer Regierungserklärung das Bild einer von den Bürgerinnen und Bürgern getragenen Gesellschaft entworfen und betont, dass die Kultur einer „lebendigen Bürgergesellschaft“ auch durch den Glauben und die Religion der in ihr lebenden Menschen geprägt wird. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) begrüßt, dass die Bundeskanzlerin allen Tendenzen dazu widersprochen hat, kulturelle und religiöse Unterschiede als Ansatzpunkt zur Bildung von Parallelgesellschaften zu benutzen. Angela Merkel hat demgegenüber die Bedeutung des Gesprächs zwischen den Kirchen und Religionsgemeinschaften hervorgehoben. Dies setzt voraus, dass Christen, um sich an diesem Gespräch beteiligen zu können, ihre eigene religiöse Heimat besser verstehen und in ihr zu Hause sind.

Dies erinnert die politischen Verantwortlichen auf allen Ebenen an ihre Pflicht, den Menschen in unserem Land den verfassungsrechtlich geschützten Raum einzuräumen, ihre eigene Religion und die Tradition, die aus ihr erwächst, kennen zu lernen, wie dies etwa im Religionsunterricht geschieht. Werte und Normen, wie Angela Merkel sie in ihrer Regierungserklärung gefordert hat und wie sie allein Basis sein können, „mehr Freiheit zu wagen“, brauchen im Bereich der Schule einen überzeugenden, persönliche Erfahrung einschließenden Religionsunterricht. Ein „wert-freier“ Ethikunterricht wie er derzeit in Berlin geplant wird, kann das nicht leisten. Das gehört zu den Einsichten, die sich aus der Regierungserklärung der neuen Bundeskanzlerin ergeben."

Auch der katholische Bevollmächtigte bei der Bundesregierung, Prälat Karl Jüsten, zeigte sich erfreut darüber, "dass Kirchen und Religionsgemeinschaften Gesprächspartner der Regierung sind". Die Bundesregierung erkenne "die Bedeutung der Religion, vor allem des Christentums, für unsere Kultur" an, sagte Jüsten. Es sei wichtig, sich seiner christlichen Wurzeln zu vergewissern, um auf dieser Basis Gespräche mit Nichtchristen zu suchen.

01. Dezember 2005