Fünf Ex-Bürgermeister für Religionsunterricht in Berlin

Berlin (epd). Fünf frühere Regierende Bürgermeister machen sich in Berlin für Religion als gleichberechtigtes Unterrichtsfach stark. Die Schüler sollten wählen können, ob sie am kirchlichen Angebot oder dem staatlichen Ethikunterricht teilnehmen wollen, betonten Eberhard Diepgen, Richard von Weizsäcker (beide CDU), Klaus Schütz, Dietrich Stobbe und Hans-Jochen Vogel (alle SPD) in einer Zeitungsanzeige, die in mehreren Berliner Zeitungen erschienen ist.

Der Appell wurde zudem von der früheren Berliner Bürgermeisterin und ehemaligen Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) unterzeichnet. Berlin sei eine freie Stadt des Denkens und Glaubens, so die ehemaligen Stadtoberhäupter weiter. "Wer für eine tolerante Stadt einstehen will, braucht Kenntnis der eigenen wie fremder Religionen." Ein staatliches Monopolfach verletze dabei aber die Neutralitätspflicht des Staates. Mit der Einführung eines staatlichen Ethikunterrichtes ohne Abwahlmöglichkeit verfehle das Land zudem seinen eigenen umfassenden Bildungsanspruch.

09. Dezember 2005


Kolumne des EKD-Ratsvorsitzenden, Bischof Wolfgang Huber, zum Thema in der Berliner "BZ"

Was würde Jesus dazu sagen?

Eine Bürgermeisterin und fünf Regierende Bürgermeister Berlins haben sich in dieser Woche an die Öffentlichkeit unserer Stadt gewandt. Christine Bergmann und Eberhard Diepgen, Klaus Schütz und Dietrich Stobbe, Hans-Jochen Vogel und Richard von Weizsäcker haben damit einen ungewöhnlichen Weg gewählt. Dreißig Jahre Stadtgeschichte, Ost und West, Erfahrung und Verantwortung kommen zusammen.

Es geht um den Religionsunterricht in Berlin. Die Bürgermeister treten dafür ein, dass er in Zukunft einen ordentlichen Platz an Berlins Schulen hat. Nicht nur ein staatliches Ethikfach, sondern ebenso den Religionsunterricht in der Verantwortung der Kirchen sollen Schülerinnen und Schüler wählen können. Ein Wahlpflichtbereich mit gleichberechtigten Unterrichtsfächern ist dafür die richtige Form.

Warum kommt dieser Appell gerade in der Adventszeit? Die Antwort ist einfach. Die christlichen Feste gehören zu unserer Kultur. Das Wissen, warum wir Weihnachten feiern, zählt zur Allgemeinbildung. Niemand kann sich damit abfinden, wenn das Weihnachtsfest auf den Weihnachtsmann zurückgeführt wird. Es ist ein Armutszeugnis, wenn ein großer Teil der Jugendlichen die Weihnachtsgeschichte in den Hausmärchen der Brüder Grimm oder bei Harry Potter sucht. Oder kommt das auch bei Erwachsenen vor?

Natürlich umfasst der Religionsunterricht mehr als die christlichen Feste. Er führt auch in andere Religionen ein. Er lehrt die zehn Gebote und damit die Grundlagen des menschlichen Miteinander. Junge Menschen begegnen Lehrerinnen und Lehrern, denen selbst wichtig ist, was sie anderen weitergeben. Kinder begegnen gelebtem Glauben, nicht bloßer Tradition. Aber dass wir unsere eigene Kultur verstehen, ist nicht nur eine Frage des Glaubens, sondern auch des Wissens. Darum gehören Religion und Kultur auch in die Schule, nicht nur in Kirche und Familie.

Fünf Regierende Bürgermeister und eine Bürgermeisterin machen darauf aufmerksam. Das sollten die heute Regierenden nicht überhören. Gerade nicht zur Weihnachtszeit. Ich bin überzeugt: Auch Jesus wäre damit einverstanden, wenn Schülerinnen und Schüler in Berlin wissen, warum wir Weihnachten feiern.

09. Dezember 2005