Schweigen der Entführer von Susanne Osthoff macht hilflos

Wort des EKD-Ratsvorsitzenden, Bischof Wolfgang Huber, am 17. Dezember 2005 auf RBB:

Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer!

Stille kann Angst machen – und diese Stille macht Angst. Kein Lebenszeichen von der Archäologin Susanne Osthoff und ihrem Fahrer. Seit beide verschleppt wurden, sind nun fast drei Wochen vergangen. Die Angehörigen leiden. Es ist schrecklich für die Familie und für Freunde nicht zu wissen, was mit dem geliebten Menschen geschehen ist. Und wie wird es den beiden selbst ergehen? Man kann es nur ahnen.

Viele haben an die Entführer appelliert, Menschen treffen sich zu Mahnwachen, auch muslimische Gemeinschaften in Deutschland melden sich deutlich zu Wort und verlangen die Freilassung von Susanne Osthoff.

Viele evangelische Gemeinden haben in den letzten Wochen für die entführte Archäologin und ihren Fahrer gebetet, aber auch für die vielen anderen Entführten im Irak. Auch morgen, am Vierten Advent, wird das so sein. Ein befremdliches Gebet in der Adventszeit, aber es ist nötig. Im Irak, in dem ein Krieg Freiheit und Sicherheit fördern sollte, verschwinden täglich Menschen; sie werden entführt, um Lösegeld zu erpressen oder um politische Ziele zu erreichen. Solche Ziele sind niedrig genug. Doch es gibt kein Ziel, das es rechtfertigt, einen Menschen arglistig seiner Freiheit zu berauben und sein Leben zu bedrohen.

Das Schweigen der Entführer von Susanne Osthoff macht hilflos. Die politisch Verantwortlichen, die Angehörigen, die Öffentlichkeit: alle tappen im Dunkeln. Der Dialog wird verweigert. Das Schweigen steigert den unmenschlichen Charakter dessen, was hier geschieht.

Körperliche Unversehrtheit und Freiheit gehören zu den elementaren Menschenrechten. Mit dem skrupellosen Verschleppen werden Menschen nicht nur ihrer Freiheit beraubt, sondern auch ihre Würde wird verletzt. Freiheit und Würde hat Gott uns Menschen geschenkt. Dazu bekennen wir uns als Christen. Und dazu bekennen sich auch Muslime. Mich hat es beeindruckt, dass Muslime in Deutschland so schnell und so klar zu der Entführung von Susanne Osthof und ihrem Begleiter Stellung genommen haben. Dass der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Nadeem Elyas, sich für einen Austausch als Geisel zur Verfügung gestellt hat, verdient Respekt.

Erst haben viele darauf gewartet, dass sich eine Wende zum Guten anbahnt. Dann setzten Appelle und Fürbitten, Unterschriften und Mahnwachen ein, um der Forderung nach einem Ende der Entführung Nachdruck zu verleihen. Offenbar muss der Protest noch deutlicher werden.

Die Gewalt, die Susanne Osthof und ihrem Fahrer angetan wird, ist unter keinen Umständen hinzunehmen. Die Bemühungen derer, die sich um eine politische Lösung bemühen, verdienen unsere Anerkennung. Ein schneller Erfolg ist ihnen zu Wünschen, noch vor Weihnachten. Damit auch sie Weihnachten feiern können. Und damit Susanne Osthof in die Freiheit zurückkehrt.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Vierten Advent.  Bleiben Sie behütet!

17. Dezember 2005

Pressemitteilung zu Susanne Osthoff vom 08. Dezember 2005

Pressemitteilung zu Susanne Osthoff vom 06. Dezember 2005

Editorial "Für Menschen in Bedrängnis beten" vom 14. Dezember 2005