Vollversammlung des Weltkirchenrates eröffnet

Globalisierung und Dialog der Religionen im Mittelpunkt - Vatikan will ökumenische Zusammenarbeit stärken

Porto Alegre (epd). Im brasilianischen Porto Alegre ist am Dienstag die 9. Vollversammlung des Weltkirchenrats eröffnet worden. Bis zum 23. Februar beraten Vertreter von 340 Kirchen über die Globalisierung und den Dialog der Religionen. Von dem Treffen sollen Zeichen gegen weltweite Armut und soziale Ungerechtigkeit ausgehen. Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) ist das wichtigste Gremium der nicht-katholischen Christenheit und repräsentiert weltweit rund 500 Millionen Menschen. Die Vollversammlung steht unter dem Motto "In deiner Gnade, Gott, verwandle die Welt".

Die Tagung mit 4.000 Teilnehmern findet vor dem Hintergrund einer seit Jahren anhaltenden Krise der ökumenischen Bewegung statt. ÖRK- Generalsekretär Samuel Kobia verteidigte den Weltkirchenrat gegen Vorwürfe einer sinkenden öffentlichen Bedeutung. Der ÖRK habe in den vergangenen Jahren wichtige Beiträge zur Überwindung von Gewalt geleistet. Kritiker wie die hannoversche Bischöfin Margot Käßmann haben dagegen beklagt, dass sich die Kirchen in Grundsatzfragen wie Abendmahl oder Anerkennung der kirchlichen Ämter bisher kaum bewegt hätten. Käßmann leitet die deutsche Delegation in Porto Alegre.

Dem Weltkirchenrat gehören die meisten orthodoxen Kirchen, Lutheraner und Reformierte sowie Baptisten, Methodisten und Anglikaner an. Dazu kommen viele unabhängige Kirchen. Für die katholische Kirche, die kein ÖRK-Mitglied ist, rief Papst Benedikt XVI. zu einer engeren Zusammenarbeit zwischen dem Vatikan und dem Weltkirchenrat auf. In dem von Kurienkardinal Walter Kasper verlesenen Grußwort benennt der Papst die Einheit der Christen als Ziel der ökumenischen Zusammenarbeit. Eine Mitgliedschaft im ÖRK hat der Vatikan bisher allerdings abgelehnt.

Die Delegierten der ÖRK-Vollversammlung wollen einen gerechteren Welthandel einfordern. Der Wohlstand von wenigen Reichen gehe auf Kosten von unzähligen Armen besonders in den südlichen Ländern der Erde, heißt es in einem Deklarationsentwurf. Im Vorfeld der Tagung gab es Warnungen vor einem Konflikt zwischen den Christen des Nordens und Südens. Viele Kirchen aus Industrieländern plädieren für eine sozial ausgerichtete Marktwirtschaft als Antwort auf die Globalisierung. Kirchen aus dem Süden, deren Länder unter den negativen Folgen der Globalisierung leiden, fordern dagegen eine radikale Umgestaltung der Weltwirtschaft.

In Porto Alegre werden im Rahmen des interreligiösen Dialoges auch Vertreter aus Buddhismus, Judentum und Islam erwartet. Vorgesehen ist eine Stellungnahme der Vollversammlung zum Streit um die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen. ÖRK-Generalsekretär Kobia sprach sich gegen eine weitere Verbreitung aus. Statt weiter die Karikaturen nachzudrucken, müssten Christen und Muslime wieder in den Dialog eintreten.

UN-Generalsekretär Kofi Annan rief den Weltkirchenrat zum Gebet für die Vereinten Nationen auf. "Beten Sie für Frieden in der Familie der Nationen", erklärte Annan in einem in Porto Alegre verbreiteten Grußwort. Er hoffe, dass die Politiker die Weisheit finden, das Instrument der Vereinten Nationen vollständig zu nutzen.

Vollversammlungen des Weltkirchenrates tagen alle sieben Jahre, zuletzt 1998 in Harare (Simbabwe). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) wird in Porto Alegre neben Käßmann unter anderem von dem EKD-Auslandsbischof Rolf Koppe, der Bischöfin Bärbel Wartenberg-Potter (Lübeck) sowie den Landesbischöfen Martin Hein (Kassel) und Friedrich Weber (Braunschweig) in Porto Alegre repräsentiert. Ehrengast ist der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber.

15. Februar 2006