Warnung vor Ausbreitung von religiösem Fanatismus

Frankfurt a.M. (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, hat sich besorgt über die Ausbreitung fundamentalistischer Religiosität gezeigt. Wenn Religion, die für den Menschen und das menschliche Zusammenleben von grundlegender Bedeutung sei, gegenwärtig in Verbindung mit Gewalt wahrgenommen werde, sei dies eine Pervertierung, schreibt der Berliner Bischof in einem Beitrag für die "Neue Zürcher Zeitung" (Montagsausgabe). "Gute" Religion müsse hingegen den Sinn für Mündigkeit wecken und Freiheit fördern.

Diesen Kennzeichen entspreche es nicht, wenn biblischer Schöpfungsglaube mit einer kreationistischen Weltanschauung verwechselt werde, fügte Huber hinzu. Auch handele es sich nicht um "gute" Religion", wenn der Glaube an Gott zur Rechtfertigung von Gewalt gegen Menschen missbraucht und Gott selbst als Waffe gegen andere Menschen eingesetzt werde. Solche Formen fundamentalistischer Religiosität könnten vor dem Kriterium der Mündigkeit nicht bestehen.

"Jede gute Religion steht vor der Anforderung, sich den Anfragen der Aufklärung zu stellen", schreibt der höchste EKD-Repräsentant weiter. Der Streit um die Wahrheit könne nur mit dem Argument ausgetragen werden. Weder staatliche Autorität noch religiöse Machtansprüche könnten die Vielfalt religiöser Wahrheitsansprüche aufheben: "Zu guter Religion gehört es deshalb, dass sie Menschenrechte achtet und fördert."

Seit der Konfrontation mit dem gewaltbereiten und religiös verbrämten Fundamentalismus ist Huber zufolge kritische Unterscheidung geboten. Dazu gehöre es, sich von Hasspredigern zu trennen und gegen die freiheitliche Gesellschaft gerichtete Indoktrinationen zu verhindern.

27. März 2006

Der Beitrag in der Neuen Zürcher Zeitung im Wortlaut