Kirchliche Armutsstudie: Mehr Hilfen für Arbeitslose gefordert

Hannover (epd). Das Sozialwissenschaftliche Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland fordert besser zugeschnittene Hilfen und Beratung für Arme und Arbeitslose. "Es muss für jeden so etwas wie ein eigenes Navigationsgerät geben, das den Weg aus der Armut zeigt", sagte Direktor Gerhard Wegner. Das Institut stellte am Dienstag in Hannover das Buch "Ausgegrenzt und abgefunden? - Innenansichten der Armut" vor, das auf einer Studie der Soziologin und Theologin Claudia Schulz basiert.

Die Studie war zu dem Ergebnis gekommen, dass staatliche Hilfen für sozial Schwache oft deren Perspektivlosigkeit noch verstärken. Die Betroffenen seien sich einig, dass sie sich aus ihrer Lage ohnehin nicht befreien könnten. Die Unterstützung etwa durch Arbeitslosengeld II werde oft als eine Art Abfindung erlebt.

Wegner sagte, die Hartz IV-Gesetze sähen zwar eine individuelle Förderung vor: "In der Wirklichkeit sind diese Grundsätze aber noch nicht angekommen." Nötig seien deutlich mehr und deutlich besser ausgebildete Fallmanager in den Arbeitsagenturen. Es müsse sich für Empfänger des Arbeitslosengeldes II auch finanziell positiv auswirken, wenn sie ein Förderziel erreichten, sagte Wegner. Außerdem seien Visionen nötig, um Arbeitsplätze zu schaffen. "Abhängig zu sein von fürsorgenden Institutionen verstößt gegen die Menschenwürde."

Schulz hatte für die Studie in Hamburg-Wilhelmsburg Langzeitarbeitslose, Geringverdiener, Alleinerziehende und Jugendliche ohne Schulabschluss interviewt. Das Arbeitslosengeld II sei zu niedrig, sagte die Soziologin. Dadurch leide das Selbstwertgefühl der Empfänger. Es reiche nicht, den Betroffenen Geld zu geben. Sie bräuchten eine Perspektive und mehr Kontakte über ihren eigenen Kreis hinaus.

Buchhinweis: Claudia Schulz: Ausgegrenzt und abgefunden? -Innenansichten der Armut. Eine empirische Studie, Protestantische Impulse für Gesellschaft und Kirche, Band 6, Berlin: LIT Verlag, 2007, 190 S.; 19,90 Euro (ISBN 978-3-8258-0940-9).

16. Januar 2008

Sozialwissenschaftliches Institut der EKD

LIT Verlag