Kirchen: Geistliche dürfen nicht abgehört werden

Berlin (epd). Die beiden großen Kirchen haben Pläne für ein BKA-Gesetz kritisiert, das unter bestimmten Voraussetzungen auch das Abhören von Geistlichen ermöglichen soll. Das Beichtgeheimnis dürfe nicht ausgehöhlt werden, sondern müsse "rechtlich geschützt bleibt", erklärte der Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Prälat Karl Jüsten, am Donnerstag. Der stellvertretende Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Berlin, David Gill, sagte dem epd, das Bundesverfassungsgericht zähle Beicht- und Seelsorgegespräche zum Kern privater Lebensführung, in den nicht eingegriffen werden dürfe.

Ein Sprecher des Innenministeriums hatte betont, es handele sich nur um einen Referentenentwurf, der sich noch in der Ressortabstimmung befinde. Eine Entscheidung des Ministeriums liege bisher nicht vor.

Die seelsorgerliche Zuwendung im Beichtgespräch sei nur möglich, wenn zwischen den Beteiligten absolute Diskretion und absolutes Vertrauen gesichert sei, so der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Peter Steinacker. Ein Sicherheitsgewinn sei nicht zu erwarten, wenn dieses hohe Gut geopfert werde, sagte Steinacker in Darmstadt. Seelsorger könnten im Rahmen dieser Gespräche sogar Schlimmes verhindern – sofern die Diskretion gewahrt bleibe.

Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche der Pfalz, Eberhard Cherdron, erklärte, die Unverbrüchlichkeit des Beichtgeheimnisses gehe über Gespräche im Pfarramt oder in der Wohnung des Pfarrers hinaus. Uneingeschränkt geschützt bleiben müssten auch Telefongespräche und Briefverkehr. Ebenso dürfe das Zeugnisverweigerungsrecht eines Pfarrers nicht angetastet werden, sagte Cherdron in Speyer dem epd.

Weder kirchenrechtlich noch staatskirchenrechtlich sei das Abhören von Beichtgesprächen zulässig, erklärt Richard Puza, Professor für Kirchenrecht an der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Tübingen. Kirchenrechtlich ziehe die Verletzung des Beichtgeheimnisses eine Exkommunikation nach sich. Und auch nach Artikel 9 des Reichskonkordats, das noch immer das Verhältnis von Staat und katholischer Kirche regle, sei das Beichtgeheimnis geschützt.

Prälat Jüsten verwies darauf, dass sich Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) bisher nicht hinter den Entwurf gestellt habe. Zudem hätten Innen- und Rechtspolitiker der Koalition verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht. Der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke erklärte im "Tagesspiegel" (Freitagsausgabe), die Kirchen würden alles tun, damit es zu keiner Aufweichung des Beichtgeheimnisses komme. Dieses bilde einen der Eckpunkte "einer humanen, die Würde des Menschen achtenden Kultur".

Ein Sprecher des Innenministeriums hatte Presseberichte bestätigt, wonach mit dem BKA-Gesetz die Möglichkeit geschaffen werden soll, unter bestimmten Voraussetzungen künftig auch Abgeordnete, Strafverteidiger und Geistliche abhören zu können. Nach geltendem Recht sind diese Berufsgruppen bisher vor Lauschangriffen absolut geschützt. Presseberichten zufolge soll der Abhörschutz nicht mehr gelten, wenn Gefahren für Leib und Leben abgewendet werden können.

17. Januar 2008


Lutheraner: Beichtgeheimnis nicht antasten

Hannover (epd). Die lutherischen Kirchen haben angesichts von Plänen des Bundesinnenministeriums zum Abhören von Geistlichen die Bedeutung des Beichtgeheimnisses unterstrichen. Beicht- und Seelsorge-Gespräche von Pfarrern und anderen Seelsorgern gehörten zum Kern privater Lebensführung, betonte die Leitung der Vereinigten Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) am Freitag in Hannover. In diese Rechte dürfe der Staat nicht eingreifen. Dafür sprächen auch Gründe der Religionsfreiheit und des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts.

Ein Sprecher des Innenministeriums hatte am Donnerstag Presseberichte bestätigt, wonach mit einem neuen Gesetz für die Aufgaben des Bundeskriminalamtes die Möglichkeit geschaffen werden soll, unter bestimmten Voraussetzungen künftig auch Abgeordnete, Strafverteidiger und Geistliche abzuhören. Nach geltendem Recht sind diese Berufsgruppen bisher vor Lauschangriffen absolut geschützt. Presseberichten zufolge soll der Abhörschutz nicht mehr gelten, wenn Gefahren für Leib und Leben abgewendet werden können.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die katholische Kirche hatten die Pläne für ein solches Gesetz am Donnerstag zurückgewiesen. Ein Sprecher des Innenministeriums betonte, es handele sich nur um einen Referentenentwurf, der sich noch in der Ressortabstimmung befinde. Zur VELKD gehören acht lutherische Landeskirchen zwischen Nordelbien, Bayern und Sachsen mit zusammen rund zehn Millionen Mitgliedern.

18. Januar 2008