Bundestag gedenkt der Opfer des Nationalsozialismus

Berlin (epd). Der Bundestag hat am Freitag der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sagte in der Feierstunde in Berlin, Deutschland bekenne sich zu seiner besonderen Verantwortung im Kampf gegen Antisemitismus, Rassismus und Intoleranz. Das Land müsse alles tun, damit sich Ähnliches nicht wiederhole und sich fragen, wie es zum Holocaust kommen konnte. Der Bundestagspräsident bezeichnete es als eine "beständige Mahnung an alle demokratischen Kräfte", dass der Weg in die NS-Diktatur nicht zwangsläufig gewesen sei.

"Jeder Bestrebung, unsere heute gefestigte Demokratie und ihre Ansprüche zu ignorieren, zu verhöhnen, zu unterlaufen oder offen angreifen zu wollen, werden wir gemeinsam und entschieden entgegentreten", sagte Lammert. Kritisch merkte der Bundestagspräsident an, dass keines der beiden Hauptprogramme des deutschen Fernsehens die Gedenkstunde live übertrage. "Ich hätte es für angemessen gehalten", so Lammert.

Lammert wies darauf hin, dass es leichtfertig wäre zu sagen, die Menschen seien aufgrund der historischen Erfahrung gegen Verirrungen gefeit: "Das sind wir nicht." Es sei beschämend, dass in Deutschland beständig Polizeipräsenz notwendig sei, um jüdische Einrichtungen zu schützen. "Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind noch immer ein ernstes Problem, das auch in neuen Formen und anderer Gestalt auftritt", sagte Lammert.

Im Anschluss verlas die Schauspielerin Angela Winkler eine Rede und Auszüge aus einer Erzählung der jüdischen Holocaust-Überlebenden Lenka Reinerová. Die tschechische Schriftstellerin konnte wegen einer Erkrankung nicht persönlich an der Gedenkstunde teilnehmen. Sie rief dazu auf, "viel mehr Verständnis für die Andersartigkeit riesiger Massen der Bevölkerung unseres Planeten" aufzubringen. Dies sei nötig, um Ähnliches wie den Holocaust zu verhindern und "um einem solchen Unglück, wie es in letzter Zeit der Terrorismus darstellt, rechtzeitig und gründlich beizukommen".

Die Weitergabe authentischer Erfahrungen durch Zeitzeugen wie Reinerová sei unverzichtbar für eine lebendige Erinnerungskultur, betonte Bundestagspräsident Lammert. Mit dem Ende der Zeitzeugenschaft werde die Vergangenheit der unmittelbaren persönlichen Erfahrung aber endgültig vorüber sein, sagte er. Dann stelle sich noch drängender als bisher die Frage, welches Geschichtsbild sich festige, wenn nur kulturell überlieferte Erinnerungen Gegenstand des Gedenkens seien.

25. Januar 2008

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