Prälat Reimers: Vermittler in Kenia im Wettlauf mit der Zeit

Frankfurt a.M. (epd). Die Vermittler in Kenia arbeiten nach Einschätzung des evangelischen Prälaten Stephan Reimers in einem Wettlauf mit der Zeit. "Alle Beteiligten wissen, dass sie in einer Woche einen Fahrplan für einen Frieden erstellen müssen, weil sonst die Lage sehr gefährlich und unübersichtlich wird", sagte der Bevollmächtigte der Evangelischen Kirche in Deutschland in Berlin und Brüssel in einem telefonischen epd-Gespräch am Freitag. Reimers ist Mitglied einer Delegation des Weltkirchenrates, die Kenia besucht. Er äußerte Zweifel, dass in der kurzen Zeit eine Einigung erzielt werden könne.

"Die Zahl der Toten und Vertriebenen vermittelt den Eindruck, dass das Land kurz vor einem Bürgerkrieg steht." In Kenia sind bei Unruhen seit der umstrittenen Präsidentenwahl Ende Dezember nach Medienberichten etwa 900 Menschen ums Leben gekommen und 290.000 geflohen. Der Druck auf Regierung und Opposition sei sehr groß, so Reimers. Es bestehe die Gefahr, dass lokale Führer die Kontrolle übernähmen, wenn die Gewalt nicht eingedämmt werde, warnte er.

Doch der Weg zu einer Einigung ist nach Reimers Einschätzung sehr schwierig. So habe Vizepräsident Kalonzo Musyoka etwa während eines Treffens mit den Kirchenvertretern gefragt, was es bedeute, Macht zu teilen. Aber auch zu Neuwahlen habe er wenig Bereitschaft gezeigt. Ein möglicher Kompromiss könnte Reimers zufolge eine Verfassungsreform sein, bei der unter anderem die Vollmacht des Präsidenten begrenzt und eine bessere Kontrolle bei Wahlen festgeschrieben werde. Danach könnten innerhalb von zwei Jahren Neuwahlen stattfinden.

"In Nairobi ist die Krise am Straßenbild nicht erkennbar, was man aber überall spürt, ist ein Gefühl des Entsetzens", schilderte Reimers seinen Eindruck. Die Menschen fragten sich, wie es zu dieser Gewaltexzessen kommen könne, nachdem Kenia 45 Jahre lang ein friedliches Musterland gewesen sei.

Der Konflikt betrifft auch die religiösen Gemeinschaften. "Die Kirchen Kenias haben sich auf beiden Seiten engagiert, abhängig von der ethnischen Zugehörigkeit." Jetzt sei es wichtig, dass sie eine neue, geeinte Stimme fänden. Deshalb veranstalteten die katholische und protestantische Bischofskonferenz im Gebiet des Rift Valley am 15. Februar eine ökumenische Trauerfeier für die Opfer der Gewalt. In der Region kommt es seit Wochen zu blutigen ethnisch bedingten Unruhen.

01. Februar 2008