Von Amsterdam nach Genf - Weltkirchenrat besteht seit 60 Jahren

Forum der Einheit - Der Ökumenische Rat der Kirchen feiert seine Gründung

Von Stephan Cezanne (epd)

Frankfurt a.M. (epd). Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden neue internationale Organisationen mit dem Auftrag, die Welt menschlicher, gerechter und sicherer zu machen. Auch die Kirchen schlossen sich im August 1948 in Amsterdam zum Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) zusammen. Seitdem gilt der Weltkirchenrat als größtes Forum der nichtkatholischen Christenheit. Derzeit gehören zum Rat fast 350 Mitgliedskirchen in über 110 Ländern. An die Gründung vor 60 Jahren erinnert der ÖRK Mitte Februar in Genf.

Die ÖRK-Mitgliedskirchen sollten den Weltbund als Forum ernst nehmen, um mit globaler Perspektive reden und handeln können, hofft die hannoversche Bischöfin Margot Käßmann für den Zusammenschluss. Sie selbst gehörte viele Jahre den höchsten ÖRK-Gremien an. "Dem ÖRK selbst wünsche ich den Mut, die Mitgliedskirchen damit zu konfrontieren, dass ihre Spaltung oft ein Hindernis für ihr Zeugnis ist", sagte sie. Zudem erwartet die renommierte Theologin, dass der ÖRK furchtlos die Stimme der Christen auf Weltebene artikuliere.

Die Gründungsversammlung in Amsterdam mit Generalsekretär Willem A. Visser't Hooft stand ganz im Zeichen der Kriegsfolgen. Themen waren neben der Suche nach mehr Einheit unter den Christen, Hilfe für die Millionen von Flüchtlinge in Europa und Versöhnung zwischen den Völkern. Vertreter der katholischen Kirche folgten damals der Einladung nicht. Bis heute ist der Vatikan kein ÖRK-Mitglied.

Zum Weltkirchenrat zählt die Mehrzahl der orthodoxen Kirchen, zahlreiche Kirchen aus den historischen Traditionen der protestantischen Reformation, wie Anglikaner, Baptisten, Lutheraner, Methodisten und Reformierte. Während der ÖRK einst von europäischen und nordamerikanischen Kirchen geprägt war, setzt sich die heutige Mitgliedschaft vorwiegend aus Kirchen in Afrika, Asien, der Karibik, Lateinamerika und dem Nahen Osten zusammen.

Seine wohl einflussreichste Zeit hatte der Weltkirchenrat in den 1970er und 1980er Jahren. Seit 1968 gewann das ÖRK-Programm zur Bekämpfung des Rassismus an Bedeutung. Historiker werten dies als wichtigen Beitrag zum Ende der Apartheid in Südafrika. Bei der Vollversammlung 1983 in Vancouver stand der so genannte Konziliare Prozeß für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung im Mittelpunkt – ein wichtiger Impuls für die Umwelt- und Friedensbewegung. "Was war das noch für ein ÖRK!", seufzte erst kürzlich der Präsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Hermann Barth, in einem historischen Rückblick.

Differenzen in theologischen und ethischen Fragen – vor allem in der Sexualethik - zwischen orthodoxen und liberalen protestantischen Kirchen sorgten seit Ende der 1990er Jahre für eine der schwersten Krisen des Weltkirchenrates. Die Spaltung und der Austritt der orthodoxen Kirchen konnte nur mit Kompromissformeln abgewendet werden.

Kenner warnen seit Jahren eindringlich vor einem Bedeutungsverlust des Weltbundes. Vor allem wegen seiner steilen Kapitalismuskritik war der ÖRK von westlichen Kirchen zuletzt kritisiert worden. Der ÖRK bleibe zwar eine wichtige Stimme für die Armen und Benachteiligten der Welt, sagte der frühere Leiter des Ökumene-Instituts in Bensheim, Reinhard Frieling, auf der Vollversammlung 2006. Der Rat dürfe aber nicht beim "Aufschrei des Einzelnen" stehen bleiben.

ÖRK-Generalsekretär Samuel Kobia blickt optimistisch in die Zukunft. In Porto Alegre sei die "Dynamik der ökumenischen Bewegung" deutlich geworden, so der methodistische Pfarrer aus Kenia. "Der ÖRK hat in seiner inneren Organisation eine Menge erreicht", bilanziert der EKD-Auslandsbischof Martin Schindehütte die Reformen. Es werde jetzt viel genauer geprüft, wie die Kräfte eingesetzt würden.

Mit der Ausweitung seines Dialogs auf die Pfingstkirchen begab sich der ÖRK auf Neuland. Diese Kontakte gelten als schwierig. Den Pfingstlern ist der Weltkirchenrat zu liberal, zu politisch und zu wenig fromm. Doch an einem Dialog sind beide Seiten interessiert.

04. Februar 2008

Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK)