Bischof Kähler warnt vor Missbrauch religiöser Überzeugungen

Eisenach (epd). Der Thüringer Landesbischof Christoph Kähler hat vor einem Missbrauch religiöser Überzeugungen für politische Ziele gewarnt. Was Menschen heilig sei, dürfe nicht "zum Instrument gemacht" werden, sagte der stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland in der Fernseh-Talkshow "Tacheles". Im Namen der "heiligsten Werte" seien jedoch in der Vergangenheit grausame Kriege geführt und "schlimmste Verbrechen" an der Menschheit begangen worden.

Die Talkshow wurde am Dienstagabend in Eisenach aufgezeichnet und wird am Samstag (22.15 Uhr) auf dem Dokumentationssender Phoenix ausgestrahlt. Thema der Diskussion war das Zweite Gebot "Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes nicht missbrauchen". Nach Ansicht des Bischofs ist allerdings "jeder Mensch verführbar, sein Heiligstes im privaten Bereich und darüber hinaus mit Füßen zu treten". Das biblische Gebot sei daher ein wichtiger Maßstab zur Korrektur von begangenen Fehlern, betonte der Thüringer Bischof.

Der katholische Thüringer Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) bezeichnete seinen Glauben als wichtigen Orientierungspunkt für politische Entscheidungen. Dabei müssten sich die Menschen darauf verlassen können, dass Politiker zu ihrem Wort stehen. Dagegen stellte der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) fest, angesichts der vielen Lippenbekenntnisse vor Wahlen seien die Wähler "längst illusionslos". Auch nach Einschätzung des Meinungsforschers Klaus Kocks ist Wahrheit in der Politik "keine relevante Kategorie".

Die türkische Autorin Hilal Sezgin sagte, der westlichen Gesellschaft sei "ohnehin nichts mehr heilig". Die Zunahme religiöser Beiträge in den Medien sei nichts anderes als "Aufmerksamkeitsökonomie", um ein Thema vorübergehend zu "pushen", sagte Sezgin, die an der SWR-Reihe "Das islamische Wort" mitwirkt.

05. März 2008