Evangelische Kirchen in Hessen starten Initiative zum Sonntagsschutz

Darmstadt/Kassel (epd). Die beiden evangelischen Kirchen in Hessen starten zum Osterfest eine Initiative zum Sonntagsschutz. Arbeitsfreie Sonn- und Feiertage hätten für die ganze Gesellschaft eine hohe Bedeutung, heißt es in einem am Montag veröffentlichten gemeinsamen "Osterbrief" des hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten Peter Steinacker (Darmstadt) und des kurhessischen Bischofs Martin Hein (Kassel).

Damit schlössen sich die beiden Landeskirchen der Sonntags-Initiative der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) (www.sonntagsruhe.de) an. Kirchengemeinden und kirchliche Einrichtungen seien eingeladen, sich unter dem Motto "Gott sei Dank, es ist Sonntag!" an der Initiative zu beteiligen, etwa durch das Anbringen von Plakaten oder durch Gottesdienste und Veranstaltungen zu diesem Thema.

Steinacker und Hein kritisierten, dass in einigen Bundesländern der Sonn- und Feiertagsschutz "faktisch ausgehöhlt" sei. Auch in Hessen sei er gefährdet, etwa durch "als Event getarnte Verkaufsveranstaltungen". Hein kritisierte das in Einkaufszentren in Frankfurt, Limburg, Neu-Isenburg und Kassel geplante "Mitternachtsshopping" am Gründonnerstagabend. "Das ist eine bewusste Attacke auf die religiöse Kultur in Deutschland. Hier fallen um des Kommerzes willen die letzten Schranken."

17. März 2008

EKD-Initiative zum Schutz des Sonntags


Der Osterbrief im Wortlaut:

"Liebe Schwestern und Brüder,

„Der Herr ist auferstanden“, so lautet die beste, weil Hoffnung spendende Botschaft der Welt. In diesen Osterjubel stimmt die weltweite Christenheit auch in diesem Jahr ein – so wie seit Ihren Anfängen. Der erste Tag der Woche führte, so lassen sich die altkirchlichen Zeugnisse deuten, die junge Christenheit in Erinnerung an die Auferstehung ihres Herrn zu einer gemeinsamen Mahlfeier zusammen. Es ist das Osterfest, die Auferstehung Jesu, die den Beginn unseres sonntäglichen Gottesdienstes markiert.

Für viele Menschen, für das Grundgesetz und in weiten Strecken auch für die geltende Gesetzgebung verbindet sich der Gedanke an den Sonntag zugleich mit dem an den – zumindest für das Gros der Gesellschaft –  kollektiven arbeitsfreien Ruhetag. Die kirchengeschichtlichen und politischen Ursprünge, auch die Fortentwicklung dieser Verschmelzung von Sabbat- und Sonntagsvorstellungen sind komplex. Feststeht, dass sich die Kirchen für die Wertschätzung des Sonntags und den Erhalt des Sonntagsschutzes einsetzen. Sie tun dies aus gutem Grund. Die Feier des Sonntags erinnert daran: Gottes Werk geht aller menschlichen Arbeit voraus; die Würde des Menschen ist nicht erst durch die Arbeit gegeben. Dabei ist der Wert des Sonntags nicht allein in der arbeitfreien Zeit begründet. Luther erklärte das 3. Gebot “Du sollst den Feiertag heiligen“ bekanntermaßen so: „Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir die Predigt und sein Wort nicht verachten, sondern es heilig halten, gerne hören.“ Der Sonntag entfaltet seine umfassende Wohltat im Hören auf das Wort Gottes.

Im vergangenen Jahr hat die Evangelische Kirche in Deutschland ihre Initiative „Gott sei Dank, es ist Sonntag“ gestartet. Als Initiative ist sie im Unterschied zu einer Kampagne auf Dauer angelegt. Dabei bezieht sie sich durchaus auf konkrete Entwicklungen in unserem Land: Gesetzesreformen zu den Ladenöffnungszeiten höhlen in manchen Bundesländern den Sonn- und Feiertagsschutz faktisch aus. So haben die evangelische wie katholische Kirche in Berlin gegen das dortige Ladenöffnungsgesetz Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Das Urteil steht noch aus. Mag im Bereich unserer Landeskirchen die rechtliche Situation besser geregelt sein, so ist der Schutz von Sonn- und Feiertagen in der Praxis auch hier gefährdet. Mitternachtsshopping am Gründonnerstag oder als Event getarnte Verlaufveranstaltungen am Sonntag mögen als Beispiele genügen.

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau und die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck unterstützen die EKD-Sonntagsinitiative. In den nächsten Tagen werden Ihnen deshalb Materialien, von Plakaten zu einer Broschüre mit „Sonntagsideen“, vom Flyer bis zum Gottesdienstentwurf zum Thema „Sonntag“ zugehen. Wir bitten Sie, das Eintreten unserer Kirche für den Sonntag nach den Ihnen möglichen Mitteln im öffentlichen Raum bekannt zu machen.

„Wär er nicht erstanden, so wär die Welt vergangen; seit dass er erstanden ist, so loben wir den Vater Jesu Christ.“ Die Osterbotschaft bringt der Menschheit Lebenshoffnung, sie entlastet zugleich vom Anspruch, allein durch unser Tun die Welt gestalten zu müssen, schon gar nicht im 24 Stunden-7 Tage-Takt. Gott gibt das rechte Maß von Arbeit vor. Gott sei Dank, dass es den Sonntag gibt!

Für den Dienst an den vor uns liegenden Feiertagen wünschen wir Ihnen Gottes Segen: die Gabe, sich dem reichen Ernst der Passion Jesu zu öffnen und sodann in den befreienden Jubel des Osterfestes einzustimmen.

Eine behütete Zeit wünschen Ihnen und Ihren Familien


Ihr

Prof. Dr. Dr. h. c. Peter Steinacker
Kirchenpräsident

Prof. Dr. Martin Hein
Bischof"