Evangelische Kirchenleiter: Ostern ist Überwindung lebensfeindlicher Mächte - Huber: Gott statt dem medizinischen Fortschritt vertrauen

B e r l i n / M ü n c h e n / D ü s s e l d o r f / S p e y e r / D a r m s t a d t / K a s s e l / S t u t t g a r t (idea) - Leitende Geistliche der evangelischen Kirche haben die Überwindung lebensfeindlicher Mächte in den Mittelpunkt ihrer Osterpredigten gerückt. Die Auferstehung Jesu Christi zeige, dass der Tod seine bestimmende Autorität verloren habe, sagte der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber (Berlin), im Berliner Dom. Österliche Menschen würden sich Gott anvertrauen, anstatt zu leugnen, dass jeder Mensch sterblich sei. Huber kritisierte „Phantasten, die meinen, der medizinische Fortschritt werde eines Tages den Tod überwinden". Das Bemühen, Unsterblichkeit zu einem käuflichen Produkt zu machen, sei ebenso unchristlich wie der Glaube an die Seelenwanderung. Huber warnte auch vor einer weiteren Aushöhlung des Sonn- und Feiertagsschutzes: „Wer erst einmal die Axt an die Wurzel unserer Feiertagskultur gelegt hat, muss sich fragen, ob es noch ein Halten gibt.“ Berlin brauche keine zehn verkaufsoffene Sonntage im Jahr, um für Touristen attraktiv zu sein.

Friedrich fordert stärkeres Eintreten gegen Krieg und Gewalt

In München forderte der bayerische Landesbischof Johannes Friedrich (München) mehr Engagement „für ein menschenwürdiges Leben vom ersten bis zum letzten Atemzug“ sowie ein stärkeres Eintreten „gegen Krieg und Gewalt, ob bei uns oder im Irak“. Er erinnerte auch an die Ermordung des chaldäisch-katholischen Erzbischofs von Mossul (Irak), Paulos Faradsch Rahho, vor wenigen Tagen durch islamistische Kräfte. Auch wenn Rahho damit auf tragische Weise zum Märtyrer geworden sei, so Friedrich, „dürfen wir uns auch durch noch so schreckliche Taten verblendeter Islamisten nicht davon abbringen lassen, Muslimen gegenüber tolerant zu sein“. Das bedeute nicht, die Forderungen von Islamisten zu tolerieren. Toleranz gegenüber Angehörigen anderer Religionen beruhe auf der Hoffnung, dass Gott in seiner Freiheit alle Menschen ohne Unterschied annehme.

Auferstehung als „Programm zur Verbesserung der Welt“

In Düsseldorf bezeichnete der Präses der evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider (Düsseldorf), die Auferstehung Jesu Christi als „Programm zur Verbesserung der Welt“. Christen sollten sich gegen Unrecht und Gewalt auf dieser Erde einsetzen. Schneider begründete dies damit, dass Jesus selber auf die Bedürfnisse der Menschen eingegangen sei, indem er Kranke geheilt, Tote auferweckt und Menschen durch Dämonenaustreibungen befreit habe. „Wer Gottes Liebe und Gerechtigkeit nur im Jenseits verankert, verdreht und missachtet die göttlichen Gebote“, so der Präses.

„Konsumismus“ bedroht Vielfalt sozialer Lebensformen

Nach Ansicht des Pfälzer Krchenpräsidenten Eberhard Cherdron (Speyer) besteht der Kern der Osterbotschaft in der Verheißung eines „Lebens in Fülle“. Das Feiern christlicher Feste verhindere, „dass in unserer konsumgesättigten Gesellschaft der Sinn für die wesentlichen Dinge des Lebens weiter verkümmert“. Es sei ein Irrtum zu glauben, das Wohlbefinden einer Gesellschaft ließe sich „an der Intensität und Quantität ihres Konsums“ ablesen. Die Aufweichung des Sonntagsschutzes zeige, dass der „Konsumismus“ die Vielfalt sozialer Lebensformen ebenso wie die religiöse und kulturelle Identität bedrohe. Cherdron kritisierte Mitternachtsshopping an Gründonnerstag und Feuerwerk in der Nacht auf den Karfreitag als Mittel zur Umsatzsteigerung. Auch Repräsentanten der beiden evangelischen Landeskirchen in Hessen, Kirchenpräsident Peter Steinacker (Darmstadt) und Bischof Martin Hein (Kassel), unterstrichen die Bedeutung von Feiertagen. Der Sonntag erinnere daran, dass die Würde des Menschen nicht erst durch Arbeit gegeben werde.

Gottes Kontra: Auferweckung aus Tod und Verlorenheit

In Stuttgart verknüpfte der württembergische Landesbischof Frank Otfried July (Stuttgart) die Auferstehung Jesu Christi mit dem Leben einzelner Christen: „In das bittere Gefühl unserer Unwichtigkeit, Sinnlosigkeit und Nutzlosigkeit hinein spricht Gott an Ostern ein Kontra: Christus ist auferstanden, auferweckt aus unserem Tod, auferweckt aus unserer Verlorenheit.“ Die „harte Wirklichkeit von Sünde und Tod“, die auch für Christen gelte, sei nur eine Etappe auf dem Weg zu ihrer Auferstehung.

 

23. März 2008