Museum für Sepulkralkultur zeigt eine Ausstellung über das Altern

Warten auf Enkel oder das Ende

Von Christian Prüfer (epd)

Kassel (epd). Eigentlich ist Frank Hellwig Industrie- und Werbefotograf. Es begeistere ihn zwar nicht immer, was er da zu tun habe, sagt er, aber es bringe Geld. Als er 2003 den Auftrag erhielt, Menschen in einem Altersheim für eine Ausstellung zu fotografieren, ahnte er noch nicht, was auf ihn zukam. "Mein Eindruck war, dass die Menschen dort auf etwas warteten: auf Enkelkinder, Kinder oder auf ihr Ende". Die Bilder, die er dort machte, hätten sein Leben verändert. Einige davon sind von Samstag an in der Ausstellung "Der alte Mensch - im Herbst des Lebens oder im zweiten Frühling?" des Kasseler Museums für Sepulkralkultur zu sehen.

"Es war unglaublich eng", erinnert sich Hellwig an die kleinen Zimmer, in denen die alten Menschen wohnten. Manchmal seien es nur vier, fünf Quadratmeter gewesen, die sie zur Verfügung hatten. Alle seien vorher gefragt worden, ob sie sich fotografieren lassen wollten. Diejenigen, die zugestimmt hätten, habe er dann nach ihrem Lieblingsplatz gefragt und sie dort in Schwarz-Weiß abgelichtet.

"Vielen war der Blick nach draußen wichtig", erinnert sich der Fotograf. Außerdem seien fast überall Bilder von Verwandten zu sehen gewesen. "Die Menschen lebten von ihren Erinnerungen." Die Fotografien sowie den anschließenden Ausstellungsbesuch hätten die Bewohner als schönes Erlebnis empfunden. "Sie hatten das Gefühl, noch einmal für etwas gebraucht zu werden."

Hellwigs Fotos sind nur eine von vier Stationen der Kasseler Ausstellung, die sich dem Thema Altwerden widmet. Auch eindrückliche Grafiken aus der Sammlung des medizinhistorischen Instituts der Technischen Universität Dresden sind zu sehen, unter anderen von Otto Dix und Alfred Hrdlicka.

Nicht alltäglich sind die Werbeplakate mit alten Menschen, die Stefan Arend vom Pflegestift Mediana in Fulda zusammengetragen hat. Die Sammlung zeigt, dass alte Menschen durchaus Werbeträger sein können, auch wenn die abgebildeten Alten nicht gerade dem Typus des älteren Durchschnittsmenschen entsprechen. Aber das tun die durchgestylten, faltenlosen und strahlenden jugendlichen Schönheiten, die sich für Autos oder Parfum in Pose setzen, auch nicht.

Gewagt ist der Ansatz des Dresdner Fotografen Volkmar Fritzsche, der mit seinen Aktfotos von Menschen jenseits der 60 zeigen will, dass Schönheit keineswegs nur ein Privileg der Jugend ist. In der Tat belegen die Fotos, dass auch ältere Menschen nicht unbedingt an Ausstrahlungskraft ärmer werden. Allerdings tauchen die ganz Alten und Gebrechlichen auch in seinen Bildern nicht auf.

In der Schau zeigen verschiedene Statistiken, wie die Gesellschaft in Deutschland langsam, aber sicher immer älter wird. Und prominente Stimmen an den Ausstellungswänden geben Hinweise, Tipps und Ermutigungen dazu, wie es in einer solchen Gesellschaft zugehen soll und zugehen könnte.

"Eine Gesellschaft, die ihre alt gewordenen Mitglieder am Leben beteiligt, wird auch weniger Probleme mit der Pflege haben", wird etwa der frühere Bremer Bürgermeister Henning Scherf (SPD) zitiert. Und Bischof Martin Hein von der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck ist davon überzeugt, dass das Leben keineswegs in der Depression enden muss: "Der Zuwendung Gottes, die ich in meinem Leben vielfältig erfahren habe, bin ich mir auch im Blick auf das Alter gewiss."

Die Ausstellung ist vom 12. April bis 7. September zu sehen. Öffnungszeiten: dienstags und donnerstags bis sonntags 10 bis 17 Uhr, mittwochs 10 bis 20 Uhr.

10. April 2008

Museum für Sepulkralkultur