Evangelische Kirche will Taufe aufwerten

Neuer Leitfaden vorgestellt

Berlin (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) will die Taufe aufwerten. In Taufgesprächen mit den Eltern sowie im Taufgottesdienst solle stärker als bisher die Vermittlung des christlichen Glaubens im Vordergrund stehen, heißt es in einer am Dienstag in Berlin vom EKD-Rat vorgestellten "Orientierungshilfe zu Verständnis und Praxis der Taufe in der evangelischen Kirche".

Die Taufe sei heutzutage nicht mehr selbstverständlich, daher sei theologische Klarheit notwendig, erklärte der EKD-Ratsvorsitzende Bischof Wolfgang Huber. Zudem solle innerkirchlich ein neues Taufbewusstsein geschaffen werden. Nach der Orientierungshilfe der EKD zum Abendmahl solle mit der neuen Schrift auch die gleichwertige Bedeutung beider Sakramente unterstrichen werden.

Die Zahl der Taufen in der evangelischen Kirche ist in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen. 2005 wurden in Deutschland der EKD zufolge 223.000 Menschen evangelisch getauft. Zwischen 1999 und 2004 gab es einen Rückgang um 29,5 Prozent, was mit dem Geburtenrückgang erklärt wird.

In der Schrift wird die Taufe als "Band der Einheit" gewürdigt, das die christlichen Kirchen untereinander verbindet. Die Taufe sei ein "Kernstück der ökumenischen Zusammengehörigkeit der Christenheit", schreibt Huber im Vorwort. Zu Recht werde sie von vielen Kirchen als "Sakrament der Einheit" der Christen bezeichnet.

Der Berliner Bischof erinnerte an die gemeinsame Erklärung von elf Kirchen in Deutschland im vergangenen Jahr im Magdeburger Dom zur wechselseitigen Anerkennung der Taufe. Huber verwies allerdings darauf, dass die katholische Kirche evangelische Paten nicht anerkenne. Die wechselseitige Anerkennung der Paten sei ein ökumenischer Schritt, der noch folgen müsse.

In der Orientierungshilfe wird zudem die Taufpraxis thematisiert. Durch die gewachsene Vielfalt von Glaubenseinstellungen habe sich diese in der evangelischen Kirche auseinanderentwickelt. Pfarrer hätten mitunter Mühe, "in den Taufgesprächen und bei der gottesdienstlichen Feier theologische Inhalte zu vermitteln", so die Autoren. Kirchliche Amtshandlungen seien kein Event, wird betont. In dem 60-seitigen Text heißt es: "Die Taufe ist - kurz gesagt - eine Gnadengabe, die von der Macht der Sünde befreit, an Christi Kreuz und Auferstehung teilhaben lässt, mit dem Heiligen Geist begabt und in die Gemeinschaft der Glaubenden aufnimmt."

Da es sich bei der Taufe vor allem um eine Familienfeier handele, liege die "Taufquote" von Kindern nichtverheirateter evangelischer Mütter lediglich bei zirka 25 Prozent, so das Autorenteam um den Berliner Kirchenhistoriker Christoph Markschies. Auch das Alter der Täuflinge habe sich nach hinten verschoben: "Die Taufe findet gegenwärtig verstärkt zum Ende des ersten Lebensjahres, zum Eintritt in den Kindergarten oder zur Einschulung statt." Es gebe auch mehr Taufen von Erwachsenen.

Huber forderte die Pfarrer auf, "Taufen als wunderbare pastorale Gelegenheit zu nutzen". Immer häufiger würden Eltern über die Taufe ihres Kindes selbst zum Glauben finden. Es gehe darum, ein "latentes Taufbegehren in ein manifestes" umzuwandeln.

Buchhinweis: "Die Taufe - Orientierungshilfe zu Verständnis und Praxis der Taufe in der evangelischen Kirche", Gütersloher Verlagshaus, 64 Seiten, ISBN: 978-3-579-05904-4, 4,95 Euro.

06. Mai 2008

EKD-Pressemitteilung mit weiteren Informationen und Links


Taufe in der Event-Kultur

EKD-Rat will mit Orientierungshilfe Sakrament theologisch aufwerten

Von Stephan Cezanne (epd)

Berlin (epd). Mit der Taufe wird man Christ. Das verbindet alle Kirchen weltweit. Allerdings tritt der theologische Gehalt des Sakraments bei Protestanten zunehmend in den Hintergrund, wie die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) kritisch bemerkt. Taufgottesdienste würden zwar "stark erlebt, aber nur schwach erinnert", heißt es mit Blick auf die zunehmende Event-Kultur. Mit einer am Dienstag in Berlin vorgelegten Orientierungshilfe zur Taufe in der evangelischen Kirche will der EKD-Rat Klarheit im Glauben schaffen und eine theologische Verwässerung der Taufe stoppen.

Gerade in der wärmeren Jahreszeit zieht es viele Taufgesellschaften an die freie Luft, an Flüsse, Seen, das Meer oder gar ins Freibad. In Bayern werden Kinder in Berggottesdiensten getauft. Auch Taufen, Trauungen und Konfirmationen auf Volksfesten sind heute kein Ding der Unmöglichkeit. Doch der EKD-Rat zeigt sich solchen Praktiken gegenüber skeptisch: "Tendenzen einer Event-mäßigen Gestaltung kirchlicher Kasualien sind auch im Blick auf die Taufpraxis kritisch wahrzunehmen." Es hänge nicht an vermeintlich originellen Formen, damit der Sinn der Taufe erlebt wird, heißt es.

Bei vielen Gemeindegliedern konzentriere sich das Verständnis der Taufe zudem auf den Gedanken einer "Spezialsegnung" für Mutter und Kind beziehungsweise Kind und Familie. Vielen Gemeindegliedern falle es schwer, die Bedeutung ihrer eigenen Taufe zu artikulieren. Ja, selbst Pfarrer haben der EKD zufolge mitunter Mühe, in Taufgesprächen und im Gottesdienst theologische Inhalte zu vermitteln. Damit "verschärft sich das Problem der Vermittlung des Glaubens", meinen die Autoren um den Berliner Theologieprofessor Christoph Markschies.

Was also ist die Taufe in evangelischer Perspektive? "Die Taufe ist - kurz gesagt - eine Gnadengabe, die von der Macht der Sünde befreit, an Christi Kreuz und Auferstehung teilhaben lässt, mit dem Heiligen Geist begabt und in die Gemeinschaft der Glaubenden aufnimmt", heißt es in dem 60-seitigen Büchlein. Viele Pfarrer klagen freilich, dass solche steilen theologischen Sätze heutigen Kirchenmitgliedern nur noch in mühevoller Übersetzungsarbeit zu vermitteln sind - doch scheinbar mit Erfolg: laut Umfragen werden die Erfahrungen mit der Taufpraxis überwiegend positiv bewertet.

Um den theologischen Grundwasserspiegel zu heben, werben die Autoren für mehr christliche Bildung in den Familien, bei Paten, den Gemeinden sowie für "Taufelternseminare". Der Tauftext setzt thematisch die Orientierungshilfe von 2003 zum Abendmahl in der evangelischen Kirche fort. Beide Texte zu den Sakramenten Abendmahl und Taufe - und einem noch zu erwartenden Papier zum Gottesdienst - sollen nach Angaben der EKD "Orientierung im Kernbereich evangelischen Glaubens und evangelischer Frömmigkeit geben".

Tatsächlich hat sich die traditionelle Taufpraxis in den vergangenen Jahren geändert. Vor allem in Folge der demografischen Entwicklung ging die Zahl der Taufen zurück. 2006 wurden in Deutschland 190.000 Kinder evangelisch getauft, 1996 waren es noch 254.000. Auch die Täuflinge werden immer älter: Getauft werden zunehmend Kinder zum Ende des ersten Lebensjahres, zum Eintritt in den Kindergarten oder zur Einschulung. Auch die Zahl der Erwachsenentaufen steigt langsam. Taufen von Kindern alleinerziehender Mütter können heikel sein, weil die Feier mit dem Ideal einer "intakten" Familie verknüpft ist.

Der neue Text reagiere auf diese wachsenden Herausforderungen für das missionarische Handeln der Kirchen, heißt es weiter. Die Orientierungs-Hilfe zur Taufe wolle Mut machen für eine Erneuerung der Taufpraxis in den Gemeinden, "Mut zur Einladung von Erwachsenen zur Taufe, Mut zur angemessenen Gestaltung der Taufe für alle Lebensalter, Mut auch zu einer verstärkten Tauferinnerungskultur", erklärt der EKD-Ratsvorsitzende, der Berliner Bischof Wolfgang Huber.

Zum Thema Ökumene heißt es: "Die Taufe ist der Ort, an dem von allen Kirchen anerkannt wird, dass die Zugehörigkeit zu Christus umfassender ist als die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Konfessionskirche." Es gibt aber keine ökumenischen Taufen. Bei einer katholischen Taufe können Protestanten in der Regel nur Taufzeugen, aber keine Paten sein. Der frühere Generalsekretär des Weltkirchenrates, Konrad Raiser, hatte jüngst eine Liturgie für ökumenische Taufgottesdienste angeregt, die von Pfarrern beider Kirchen gemeinsam geleitet wird. Dies könne helfen, so Raiser, "manche der gegenwärtigen Blockierungen auf dem ökumenischen Weg zu beseitigen".

Buchhinweis: "Die Taufe - Orientierungshilfe zu Verständnis und Praxis der Taufe in der evangelischen Kirche", Gütersloher Verlagshaus, 64 Seiten, ISBN-10: 3579059041, 4,95 Euro.

06. Mai 2008


Symbol für Ökumene

Berlin (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) will die Taufe aufwerten. In Taufgesprächen mit den Eltern sowie im Taufgottesdienst solle stärker als bisher die Vermittlung des christlichen Glaubens im Vordergrund stehen, heißt es in einer am Dienstag in Berlin vom EKD-Rat vorgestellten "Orientierungshilfe zu Verständnis und Praxis der Taufe in der evangelischen Kirche". Zugleich würdigte die EKD die Taufe als "Band der Einheit", das die christlichen Kirchen untereinander verbindet.

Die Taufe sei ein "Kernstück der ökumenischen Zusammengehörigkeit der Christenheit", erklärte der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber im Vorwort. Zu Recht werde sie von vielen Kirchen als "Sakrament der Einheit" der Christen bezeichnet, so Huber weiter. Der Berliner Bischof erinnerte an die gemeinsame Erklärung von elf Kirchen in Deutschland im vergangenen Jahr im Magdeburger Dom zur wechselseitigen Anerkennung der Taufe.

Die Taufe sei zwar der entscheidende Zugang zur christlichen Kirche und die "prägende Signatur des christlichen Lebens", heißt es in dem Text. Dennoch habe sich durch die gewachsene Vielfalt von Glaubenseinstellungen die Taufpraxis auch in der evangelischen Kirche auseinanderentwickelt. Pfarrer hätten mitunter Mühe, "in den Taufgesprächen und bei der gottesdienstlichen Feier theologische Inhalte zu vermitteln", so die Autoren.

Kirchliche Amtshandlungen seien kein Event, wird betont. Die Taufe sei einer der wichtigsten Orte, an denen die Volkskirche christliche Inhalte entfalten könne. Wenn die Taufe nur als "Geschenk eines neugeborenen Kindes" oder die "gute Gabe eines neuen irdischen Lebens" gefeiert wird, werde der "Reichtum der göttlichen Gnadengabe verkürzt", wird in dem 60-seitigen Text betont: "Die Taufe ist - kurz gesagt - eine Gnadengabe, die von der Macht der Sünde befreit, an Christi Kreuz und Auferstehung teilhaben lässt, mit dem Heiligen Geist begabt und in die Gemeinschaft der Glaubenden aufnimmt."

Zwar wachse die Bereitschaft evangelischer Eltern, ihre Kinder taufen zu lassen. Die Zahl der Taufen sei innerhalb der evangelischen Kirche in den vergangenen Jahren jedoch deutlich zurückgegangen, wird bemerkt. Im Jahr 2005 wurden in Deutschland der EKD-Statistik zufolge 223.000 Menschen evangelisch getauft. Der Rückgang zwischen 1999 und 2004 um 29,5 Prozent sei in erster Linie durch die demografische Entwicklung, insbesondere den Geburtenrückgang begründet.

Da es sich bei der Taufe vor allem um eine Familienfeier handele, liege die "Taufquote" von Kindern nichtverheirateter evangelischer Mütter lediglich bei zirka 25 Prozent, so das Autorenteam um den Berliner Kirchenhistoriker Christoph Johannes Markschies. Auch das Alter der Täuflinge habe sich nach hinten verschoben: "Die Taufe findet gegenwärtig verstärkt zum Ende des ersten Lebensjahres, zum Eintritt in den Kindergarten oder zur Einschulung statt." Es gebe auch mehr Taufen von Erwachsenen.

Zum Thema Ökumene wird beklagt, "dass die römisch-katholische Kirche keine evangelischen Paten zulässt, während katholische Christen bei einer in der evangelischen Kirche vollzogenen Taufe als Paten gewonnen werden können". Auch mit den baptistischen Kirchen, die eine Säuglingstaufe ablehnen, gebe es noch Gesprächsbedarf. Alle Kirchen würden jedoch anerkennen, dass "die Zugehörigkeit zu Christus umfassender ist als die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Konfessionskirche".

Buchhinweis: "Die Taufe - Orientierungshilfe zu Verständnis und Praxis der Taufe in der evangelischen Kirche", Gütersloher Verlagshaus, 64 Seiten, ISBN-10: 3579059041, 4,95 Euro.

06. Mai 2008