EKD-Institut: Zäsur in Göttingen

An der Spitze der Kirchenrechtlichen Instituts der EKD folgt Hans Michael Heinig auf Axel von Campenhausen

Von Rainer Clos

Frankfurt a.M./Göttingen (epd). Als Generationensprung lässt sich ohne Übertreibung charakterisieren, was sich am Donnerstag am Kirchenrechtlichen Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit Sitz in Göttingen vollzog. Mit einer akademischen Feier in der Universität übernahm Hans Michael Heinig (37) offiziell die Leitung des EKD-Instituts von Axel von Campenhausen (74), der fast 40 Jahre dem Institut vorstand.

Heinig ist seit Anfang Mai zugleich erster Inhaber der neu errichteten Stiftungsprofessur für Öffentliches Recht, die einen besonderen Akzent auf die beiden Fächer Kirchenrecht und Staatskirchenrecht setzt. Dieser Stiftungsprofessur liegt eine Vereinbarung der EKD mit der Göttinger Universität zugrunde, zu deren Finanzierung haben die EKD, die Landeskirchen und die kirchlichen Banken beigetragen.

Die Anfänge des Kirchenrechtlichen Instituts der EKD reichen in die sprichwörtliche Stunde Null zurück, die das Jahr 1945 nicht nur politisch und gesellschaftlich, sondern auch für die evangelische Kirche markierte. Der Rat der EKD, der nach der Kirchenversammlung von Treysa im August 1945 seine Arbeit aufnahm, beschloss bereits auf seiner dritten Sitzung die Gründung einer Arbeitsstelle für deutsches evangelisches Kirchenrecht.

Das Gremium griff damit einen Vorschlag seines Mitgliedes Rudolf Smend (1882-1975) auf. Smend, ein herausragender Staatsrechtler, blieb Leiter des Instituts bis 1969. In der ersten Phase stand die Überprüfung von in der NS-Zeit erlassenem Kirchenrecht auf seine Vereinbarkeit mit Bibel und Bekenntnis. Parallel rückte die Beratung von EKD, Landeskirchen und kirchlichen Zusammenschlüssen in Fragen des Staatskirchen- und Kirchenrechts in den Vordergrund. Eines der jüngsten Gutachten aus Göttingen behandelt Aspekte der Patientenverfügungen.

Referenten am EKD-Institut waren unter anderem die späteren Bundesverfassungsrichter Konrad Hesse und Ernst Mahrenholz. In seiner Göttinger Studienzeit nahm auch der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber an den Kirchenrecht-Seminaren von Smend teil. Auf Smend folgte 1970 dessen Assistent Axel von Campenhausen. Im selben Jahr etablierten die katholischen Diözesen ein Institut für Staatskirchenrecht.

Da Campenhausen einen Lehrstuhl für Öffentliches Recht in München innehatte, wurde das Institut kurzerhand nach München verlagert. Eine spannende Zeit sei es damals gewesen, erinnert sich der Rechtsprofessor, der mit seinen dezidiert wertkonservativen Positionen in kirchenpolitischen Debatten manche Kontroverse auslöste.

Nach dem Wechsel Campenhausens in die Landespolitik - von 1976 bis 1979 war er Wissenschafts-Staatssekretär in Niedersachsen - leitete Jörg Müller-Vorbehr kommissarisch das Institut. Mit der Ernennung zum Präsidenten der Klosterkammer in Hannover übernahm Campenhausen 1979 erneut die Institutsleitung, die Einrichtung kehrte nach Göttingen zurück.

Wie Campenhausen ist auch der neue Institutsleiter in der evangelischen Kirche verwurzelt. Heinig habilitierte sich Anfang 2008 in Heidelberg. Er ist ein ausgewiesener Fachmann auf den Gebieten Kirchen- und Staatskirchenrecht, Verfassungs- und Sozialrecht. Heinig war Stipendiat des Evangelischen Studienwerks Villigst und gehört der Präsidialversammlung des Deutschen Evangelischen Kirchentags und dem Präsidium des Ökumenischen Kirchentags 2010 an.

Von der Nähe zur theologischen Fakultät erwartet der Juraprofessor eine Bündelung der Kräfte, die auch zum Abbau gewisser Rechtsaversionen in Theologenkreisen beitragen könne. Mit seinem Vorgänger teilt er die Überzeugung, dass sich das deutsche Staatskirchenrecht bewährt habe. Dabei gehe es nicht um Sonderrechte für Kirchen, sondern um Freiheitsrechte ersten Ranges, deren innere Logik immer wieder erklärt werden müsse. Aktuelle Anlässe dafür bieten die Debatten über den islamischen Religionsunterricht oder der Berliner Sonderweg beim Ethikunterricht sowie der Sonntagsschutz.

28. Mai 2008

Kirchenrechtliches Institut der EKD