Lutherische Bischöfe: Rechtfertigungslehre bleibt grundlegend

Hannover (epd). Lutherische Bischöfe haben die bleibende Aktualität der Lehre von der Rechtfertigung des Menschen im Glauben unterstrichen. "Die Rechtfertigungslehre ist und bleibt grundlegend", heißt es in einer Erklärung der Bischofskonferenz der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), die am Montag in Hannover veröffentlicht wurde. Mit dem Text wollen die Bischöfe zum besseren Verständnis dieses Zentralbegriffs evangelischer Theologie beitragen. Von den 23 evangelischen Landeskirchen sind acht in der VELKD zusammengeschlossen, die damit zehn Millionen evangelische Christen repräsentiert.

Die Lehre von der Rechtfertigung im Sinne von "gerecht vor Gott werden" sei der Artikel, mit dem der Glaube "steht und fällt", so die VELKD. Martin Luther (1483-1546) nahm damit eine alte theologische Diskussion auf und formulierte sie zur entscheidenden Kernthese der Reformation. Diese führte schließlich zur Trennung der Christenheit im mittelalterlichen Europa. Nach der Lehre der Reformation kann sich der Mensch nicht selbst rechtfertigen: Der Wert seines Lebens und seine Existenzberechtigung basieren nicht auf Leistung, Verdienst und Anstrengung, sondern werden ihm von Gott geschenkt. "Das geschieht allein durch den Glauben", so das Augsburger Bekenntnis von 1530.

Die bedingungslose Bejahung durch Gott, die Rechtfertigung, könne der Mensch übersehen, bestreiten oder für sich gelten lassen, erklären die Bischöfe: "Er kann und muss sie nicht erwerben, sich verdienen." Ein Missverständnis wäre die Ansicht, man könne diese Zuwendung Gottes zum Menschen erwerben.

Auch wenn dieser Begriff heute vieldeutig verwendet wird - etwa zur Verteidigung eigenen Verhaltens, gibt es nach Ansicht der lutherischen Bischöfe durchaus in der Gegenwart Annäherungsmöglichkeiten an die Sache der Rechtfertigung. Der moderne Mensch brauche Anerkennung und Bejahung, die ihn nicht auf gewisse Schwächen festlege. Auch die moderne Sinnfrage sei der Rechtfertigungslehre näher als es erscheine. Sinn sei für Christen ein Geschenk und nicht Ergebnis einer Suche.

Die Gewissheit der Rechtfertigung mache dem Menschen Herz, Kopf und Hände frei, seine Aufgaben zu erfüllen: "Er muss nun nicht mehr um sich selbst und die Erfüllung seiner Sinnfindung besorgt sein, sondern kann sich auf die Not des Nächsten und seine schöpferischen Aufgaben konzentrieren."

In der Predigt müsse für die Rechtfertigung als "Mitte des Glaubens" immer neu geworben werden, argumentieren die Bischöfe. "Weil wir uns von Gott bejaht wissen, ist unser Handeln davon entlastet, unserer Rechtfertigung vor uns selbst, vor anderen und vor Gott dienen zu sollen." Diese Einsicht sei auch zentral für die Begründung der Menschenwürde und das darauf basierende ethische Handeln: "Dem Menschen kommt eine gottgegebene Würde zu, die sich nicht aus seinen Taten ergibt und ihm auch nicht durch Untaten entzogen werden kann, sondern unverbrüchlich gilt, weil Gottes Zusagen unverbrüchlich sind."

02. Juni 2008

Pressemitteilung der VELKD