Diakonie-Präsident Kottnik fordert gerechte Bildungschancen

Berlin (epd). Diakonie-Präsident Klaus-Dieter Kottnik hat gleiche Bildungschancen für alle Kinder gefordert. Bildung sei der Schlüssel zu gesellschaftlicher Teilhabe und eine der zentralen politischen Herausforderungen, sagte Kottnik am Mittwoch auf einer Tagung der evangelischen Kirche und der Diakonie in Berlin über Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik. Bildung beginne im Kindergarten und verhindere Armut und Ausgrenzung, betonte der Diakoniechef.

Die Gemeinwohlorientierung der Tageseinrichtungen müsse erhalten bleiben, forderte Kottnik. Er reagierte damit auf die Pläne von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU), künftig auch private Kindertagesstätten staatlich zu bezuschussen.

Jedes Kind müsse eine Chance auf individuelle Förderung erhalten, unabhängig von seiner Herkunft und dem Einkommen der Eltern, so Kottnik. Deshalb müsse der Schwerpunkt der Investitionen auf dem Ausbau der Betreuungseinrichtungen liegen. Das ebenfalls geplante Betreuungsgeld habe dagegen "kontraproduktive Folgen". In Thüringen, wo das Land bereits ein Betreuungsgeld zahlt, sinke der Anteil der Kleinkinder in den Tagesstätten, während er in allen anderen Bundesländern steige. Für Kinder aus bildungsfernen Familien werde der Grundstein zur Ausbildung aber im Kindergarten gelegt.

Das Erziehungs- und Wirtschaftssystem produziere nach wie vor "krasse Unterschiede der Lebenschancen", kritisierte der Diakonie-Präsident. Der 3. Armutsbericht der Bundesregierung belege eine deutliche Tendenz zu mehr Ungleichheit, zu wachsender Armut und einer "offensichtlichen Abkopplung der Reichen". Im Kampf gegen Ausgrenzung müsse sich auch die Kirche auf unbekanntes Terrain begeben, forderte Kottnik selbstkritisch: "Wir sind eine Mittelstandskirche. Die Armen in dieser Gesellschaft sind für uns oft fremdes Gebiet."

Kottnik verwies auf den "Pionier der Zivilgesellschaft", Johann Hinrich Wichern, an dessen 200. Geburtstag Diakonie und evangelische Kirche in diesem Jahr erinnern. Der evangelische Sozialreformer, der in Hamburg ein Heim und eine Schule für Kinder aus Elendsvierteln gegründet hatte, gilt als Gründer der modernen Diakonie.

04. Juni 2008