Brüsseler EKD-Vertreterin: Europa muss Bürgernähe suchen

Brüssel (epd). Die Brüsseler Vertreterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat an die EU appelliert, sich nach dem Nein der Iren zum Reformvertrag um mehr Bürgernähe zu bemühen. Katrin Hatzinger sagte am Freitag anlässlich des EU-Gipfels in der belgischen Hauptstadt, die Union müsse sich "ernsthafter als bisher" mit den Vorbehalten der Bürger auseinandersetzen. Im europäischen Einigungsprozess gebe es durchaus Ambivalenzen. "Ein wenig Selbstkritik würde der EU nicht schaden", sagte Hatzinger.

Die positiven Errungenschaften Europas müssten dagegen "engagierter und vielleicht auch leidenschaftlicher" dargestellt werden, sagte Hatzinger. Dabei seien auch die Kirchenvertreter in der Pflicht. Die europäischen Kirchen befürworten den Lissabon-Vertrag, da er wichtige Neuerungen wie eine verbindliche Grundrechtecharta, ein EU-weites Volksbegehren und einen besseren Dialog mit Glaubensgemeinschaften und der Zivilgesellschaft vorsieht.

Skeptisch äußerte sich Hatzinger zu Vorschlägen, ein "Kerneuropa" aus wenigen besonders integrationswilligen Staaten aufzubauen. "Europa kann nur gemeinsam gelingen", sagte die Juristin. Eine funktionsfähige EU mit 27 oder mehr Staaten sei allerdings ohne den Vertrag von Lissabon kaum denkbar. Es sei daher sinnvoll, die Ratifizierung des Vertrags fortzusetzen, unterstrich Hatzinger.

20. Juni 2008

Dienststelle Brüssel der EKD


EU-Staaten vertagen Beratungen über umstrittenen Reformvertrag

Kirchenvertreter: EU muss bürgernäher werden

Brüssel (epd). Die EU-Staaten wollen sich nach dem Nein der Iren zum Reformvertrag von Lissabon mehr Zeit für Beratungen geben. Die EU werde im Oktober auf das Thema zurückkommen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Abschluss des zweitägigen Gipfeltreffens der europäischen Staats- und Regierungschefs am Freitag in Brüssel. Vonnöten sei zunächst eine Analyse über die Gründe der Ablehnung, so die Kanzlerin.

Merkel äußerte die Hoffnung, dass die Staaten doch noch eine zügige Lösung zur Rettung des Vertrags finden. "Wir haben die Dynamik zur Umsetzung des Lissabonner Vertrages erhalten können", sagte sie. Alle Gipfelteilnehmer hätten darin übereingestimmt, dass mit dem Lissabonner Vertrag die Europäische Union demokratischer und effizienter gelingen und arbeiten könne. Sie sprach sich zugleich erneut dafür aus, Irland nicht zu isolieren: "Es gibt nur mit Irland eine Lösung", so Merkel.

Die irische Bevölkerung hatte in der vergangenen Woche mit einer knappen Mehrheit von 53,4 Prozent gegen den Vertrag gestimmt. Das Dokument ist bereits in 19 Staaten auf parlamentarischem Weg angenommen worden, darunter auch in Deutschland.

Das Brüsseler Büro der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) appellierte indessen an die EU, sich nach dem Nein der Iren um mehr Bürgernähe zu bemühen. Die EU müsse sich "ernsthafter als bisher" mit den Vorbehalten der Bürger auseinandersetzen, sagte die Büroleiterin Katrin Hatzinger.

20. Juni 2008