Huber ruft zum vertieften Gespräch mit Muslimen auf

Hannover (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, hat zu einem vertieften Gespräch mit den Muslimen aufgerufen. "Was wir in diesem Land brauchen, ist ein wirklich standhafter und prinzipienfester Dialog mit dem Islam", sagte er am Dienstag in Hannover bei einem Empfang der evangelischen Kirche. Muslime dürften nicht von vornherein "aus unserer Werte- und Verfassungswelt herausdefiniert" werden.

"Vielmehr müssen wir versuchen, sie in die Mitverantwortung für Religionsfreiheit und Toleranz hineinzuziehen", sagte Huber laut Redemanuskript. Der Ratsvorsitzende befürwortete den Bau von Moscheen. "Ich halte es für besser, Muslime bewegen sich in ihren Moscheen als in irgendwelchen Hinterhöfen", sagte er. Es genüge nicht, in dieser Diskussion auf die mangelnde Religionsfreiheit in Saudi-Arabien oder der Türkei hinzuweisen.

"Wir selbst können unser Verständnis von Freiheit nicht davon abhängig machen, ob sie in anderen Ländern gewährt wird oder nicht", sagte Huber. Der EKD-Ratsvorsitzende hatte in der Vergangenheit wiederholt Religionsfreiheit auch unter Muslimen angemahnt und war dafür von muslimischen Vertretern kritisiert worden.

Scharfe Kritik äußerte der Ratsvorsitzende an der Absicht des hannoverschen Vereins "Dignitate", den assistierten Suizid in Deutschland möglich zu machen: "Wer einem anderen Menschen beim Selbstmord assistiert, ihn wegen unterlassener Hilfeleistung zu Tode kommen lässt oder gar zur Tötung auf Verlangen bereit ist, leistet keinen Beitrag zu einer Kultur der Fürsorge, sondern zu einer Kultur des Entsorgens von menschlichem Leben."

Die Bezeichnung "aktive Sterbehilfe" verharmlose dies, sagte Huber. Es handele sich um Beihilfe zum Suizid oder Tötung auf Verlangen, wie der Nationale Ethikrat klargestellt habe. Allerdings müssten die Hintergründe dieser Diskussion beachtet werden. Viele Menschen hätten die Sorge, auf dem Weg des Sterbens ohne Begleitung und Fürsorge auskommen zu müssen und hilflos der Apparatemedizin ausgeliefert zu sein. Deshalb müssten die Begleitung sterbender Menschen in der Hospizbewegung und die schmerzlindernde Palliativmedizin weiterentwickelt werden.

Der Verein "Dignitate" war 2005 als Ableger der Schweizer Sterbehilfe-Organisation "Dignitas" in Hannover gegründet worden. Er hatte angekündigt, einen Präzedenzfall zur assistierten Selbsttötung zu schaffen, um die Sterbehilfe in Deutschland durch alle Instanzen gerichtlich überprüfen zu lassen.

24. Juni 2008

Vortrag des EKD-Ratsvorsitzenden im Wortlaut