Pastor stellt Deutschlands erste "Fliesenbibel" vor

Norden (epd). Deutschlands erste "Fliesenbibel" ist am Sonntag in der ostfriesischen Stadt Norden vorgestellt worden. In dem 1.500 Seiten starken Buch sind mehr als 600 Fotografien von historischen Wandfliesen mit biblischen Motiven abgebildet. Diese Bibel solle mehr sein als ein Schmuckstück, sagte der Landessuperintendent des evangelisch-lutherischen Sprengels Ostfriesland, Detlef Klahr, in einem Gottesdienst anlässlich der Buch-Präsentation: "Sie soll ein viel gebrauchtes Lese- und Bilderbuch sein, in dem wir Gottes Liebe zu uns Menschen entdecken können."

Die Idee zur Fliesenbibel hatte der Norder Pastor Kurt Perrey. Er sammelt, fotografiert und dokumentiert die 13 mal 13 Zentimeter großen Bibelfliesen seit fünf Jahren. Bislang seien Experten auf 600 bekannte und auch fast unbekannte Motive in unterschiedlichen Darstellungen gestoßen, sagte er. Die meisten der abgebildeten Fliesen seien in der Hand niederländischer und deutscher Sammler.

Die Bibel gehöre mitten ins Leben, betonte die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann im Geleitwort. Das hätten die Bibelfliesen in manchen Häusern an zentralen Orten gezeigt, etwa am Herd in der Küche und am Kamin im Wohnzimmer. Die Fliesenbibel nehme dies wahr und eröffne "neue, wertvolle Zugänge zu den biblischen Gedanken, die unser Leben tragen".

Die wertvollen Unikate im friesischen "Delfter Blau" oder einem bräunlich-violetten Ton, der um 1700 modern wurde, stammten zumeist aus niederländischen Werkstätten, sagte Perrey: "Sie sind typisch friesisch und echt biblisch." Herausgeber der Fliesenbibel mit der Übersetzung der "Guten Nachricht" in heutigem Deutsch ist der evangelische Kirchenkreis Norden. Ab Montag ist das fast zwei Kilogramm schwere Buch für 34,90 Euro im Buchhandel erhältlich.

30. Juni 2008

Weitere Informationen zu Bibelfliesen


"Typisch friesisch und echt biblisch"

Ostfriesischer Pastor präsentiert deutschlandweit erste "Fliesenbibel"

Von Jörg Nielsen (epd)

Norden (epd). Kurt Perrey ist ein Jäger und Sammler, der es auf Wandkacheln abgesehen hat: Seit der pensionierte Pastor vor fünf Jahren zufällig auf eine alte Fliese mit einem biblischen Motiv stieß, sucht und sammelt, fotografiert und dokumentiert der Theologe 13 mal 13 Zentimeter große historische Wandfliesen. Sein Traum: Alle bekannten 600 Motive der Bibelfliesen in einer richtigen Bibel zu vereinen. Jetzt wurde seine Vision Wirklichkeit. Am Sonntag stellte Perrey im ostfriesischen Norden die deutschlandweit erste "Fliesenbibel" vor.

In seiner Heimatstadt Norden nennen ihn die Menschen nur noch den "Bibelfliesen-Pastor". "Wenn man einmal anfängt, Motive zu sammeln, kann man nicht mehr aufhören", sagt der 65-Jährige. Bis zu 400 Jahre alt sind die wertvollen Stücke im typisch friesischen Delfter Blau oder einem bräunlich-violetten Ton, der um 1700 modern wurde. Zumeist kommen sie aus niederländischen Werkstätten. "Und jede Fliese ist ein Unikat", sagt Perrey. "Typisch friesisch und echt biblisch."

Seine Lieblingsfliese stammt aus den niederländischen Harlingen und entstand um 1790. Auf ihr ist die Geschichte vom Kampf Jakobs mit einem Engel aus dem ersten Buch Mose, Kapitel 32 erzählt. Am Ende hat Jakob eine steife Hüfte. "Fast wie bei mir", schmunzelt Perrey, der seit seinem 16. Lebensjahr ein steifes Bein hat. Dennoch haben beide Großes vollbracht: Jakob wurde zum Stammvater Israels, und Perrey 1998 Deutscher Meister im Behinderten-Radsport.

Um die richtigen Stücke für die Fliesenbibel zu finden, konnte Perrey zwei deutsche und drei niederländische Sammler gewinnen, unter ihnen der "Bibelfliesen-Papst" Jan Pluis aus Noordsleen. "Die haben sich mit vollen Koffern und schweren Kisten voller Fliesen getroffen und tagelang diskutiert, um die jeweils richtige Fliese für die entsprechende Textstelle zu finden." Das sei nicht einfach gewesen. Denn zu jedem Motiv gibt es zahlreiche unterschiedliche Darstellungen.

In einigen alten Bauernkaten Ostfrieslands und in den Niederlanden sind noch ganze Wände mit bis zu 200 Bibelfliesen erhalten. Nach welchen Kriterien die damaligen Kunden die Motive auswählten, oder ob die Fliesen vom Handwerker in zufälliger Reihenfolge an die Wand geklebt wurden, ist den Experten bis heute ein Rätsel.

Klar ist jedoch: Die Fliesen waren schon damals ein teurer Luxusartikel. Vermutlich konnten die Bauern und Kaufleute in den streng calvinistisch geprägten Zeiten nur so ihren Reichtum zeigen. Denn Heiligenbilder oder Statuen waren streng verboten. Wohl aber durften sich die Menschen mit den biblischen Geschichten, den "Historien", beschäftigen - auch in Form von Bildern auf Fliesen, sagt der Bibelfliesen-Pastor. "Schließlich sollte die Bibel allgegenwärtig sein."

30. Juni 2008